Nach einer am Montag verschickten Pressemitteilung, in der massive Vorwürfe gegen den Münchner Insolvenzverwalter der MHBK Rechtsanwälte Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen, gegen Axel Bierbach, erhoben wurden, bestätigte in einer Mail an Stromanzeiger.de die Staatsanwaltschaft München:
Es gebe zwei Ermittlungsverfahren gegen Insolvenzverwalter Axel Bierbach, der vorläufig auf das Insolvenzverfahren der BEV Bayerische Energieversorgung angesetzt ist.
So schrieb Oberstaatsanwältin Anne Leiding: «Bei der Staatsanwaltschaft München I sind eine Vielzahl von Anzeigen ‘gegen die BEV’ und zwei Strafanzeigen, die namentlich gegen den Insolvenzverwalter Herrn Bierbach gerichtet waren, eingegangen. Die Strafanzeigen gegen Herrn Bierbach wurden, wie es die Aktenordnung vorgibt, als Ermittlungsverfahren erfasst.» Derzeit werde geprüft, ob strafbare Taten vorlägen oder nicht.
Am Montagmorgen war von einer auf Rechtsstreitigkeiten spezialisierten Berliner Agentur eine Pressemeldung versendet worden unter der Überschrift «BEV: Aufstand der Gläubiger gegen untätige Insolvenzrichterin. Stromversorger verschickt wissentlich falsche Abrechnungen - Staatsanwalt ermittelt wegen Erpressung gegen Insolvenzverwalter Bierbach».
Der folgende Pressemeldungstext sei, wie man gegenüber der Redaktion versicherte, zuvor rechtlich von mehreren Anwälten geprüft und als angeblich richtig freigegeben worden. Wir zitieren aus der Pressemeldung wörtlich:
Anmerkung der Redaktion: Es soll sich um Richterin Verena Wohlrabe handeln. Jedenfalls heißt es in der Pressemeldung weiter:
Die Pressemeldung skizziert weiter:
Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) bereite angeblich «eine Musterfeststellungsklage wegen der falschen Abrechnungen» vor.
Im Vorfeld der Probleme hätte der vorläufige Insolvenzverwalter der BEV Energie, Axel Bierbach, «mit der Inkassofirma Creditreform einen Deal ausgehandelt».
Eine Presseanfrage zu den Vorwürfen mit Fristsetzung Montagnachmittag 17 Uhr an die Pressestelle von Creditreform blieb zunächst bis Montagabend 19 Uhr unbeantwortet. Gegen 19.30 Uhr erreichte uns schließlich folgende Mail von «Philipp Ganzmüller, geschäftsführender Gesellschafter Creditreform München Ganzmüller, Groher & Kollegen KG» mit den folgenden Worten:
Heißt: Der Vertreter der Creditreform nahm selbst keine nähere Stellungnahme, sondern verwies auf jene von Axel Bierbach, die wir am Ende dieses Artikels publizieren.
Jedenfalls heißt es in der Pressemitteilung weiter, wonach sich BEV-Kunden mittlerweile über «Facebook organisiert» hätten und gegen die angeblich «überhöhten Zahlungsaufforderungen massenhaft Widerspruch» eingelegt hätten.
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der BEV hätten allerdings vorgeschrieben, «dass die BEV auf Grundlage tatsächlicher Werte abrechnen» hätte müsse. Mitarbeiter hätten «Insolvenzverwalter Axel Bierbach zuvor eindringlich, aber vergeblich auf die Problematik der falschen Abrechnungen hingewiesen», führt die Pressemeldung aus.
Um dann gleich in der Presseverlautbarung nachzulegen: «Die Vielzahl der Beschwerden» wegen angeblich «falscher Abrechnungen» ließen «damit zunehmend Zweifel an der Werthaltigkeit des BEV-Millionengeschäftes der Creditreform aufkommen». Dies sei umso mehr der Fall, «zumal das Inkassounternehmen über die Problematik der falschen Abrechnungen sehr wohl Bescheid» wisse, so die Pressemitteilung.
Eine Vielzahl ehemaliger BEV-Kunden hätte sich auf der Facebook-Seite «BEV Energie Geschädigte» (mit 5450 Mitgliedern) zu Wort gemeldet und beschrieben, dass sie sich «bei der Insolvenzrichterin gemeldet» hätten und diese über die angeblich «falschen Abrechnungen des vorläufigen Insolvenzverwalter Bierbach» informiert hätten.
Doch damit nicht genug: «Der ehemalige Richter Bernhard Kreilinger, ehemaliger Stromkunde der BEV» habe, heißt es weiter in der Pressemitteilung «inzwischen Strafanzeige wegen Erpressung (§ 253 StGB) gegen Insolvenzverwalter Bierbach gestellt, weil er Forderungen von durch die Creditreform «eingeschüchterten, beziehungsweise getäuschten Kunden eintreiben» lasse.
Bis Ende August 2019 hätte Bierbach angeblich die gigantische Menge von «circa 300.000 Rechnungen» an BEV-Kunden erstellen lassen. Von diesen Rechnungen seien aber bislang lediglich rund «100.000 versendet» worden. Dies seien, so die Pressemitteilung, «Rechnungen für Nachzahlungen im Wert von rund 12 Mio. Euro».
Die «200.000 Rechnungen über Guthaben der BEV-Kunden», die laut Energie Wirtschaftsgesetz (EnWG) angeblich innerhalb «von 6 Wochen nach Lieferende versendet» werden hätten müssen, seien «allerdings von der BEV nicht verschickt» worden.
Zum einen nehme «er den Gläubigern die Möglichkeit sich gegen eine auf falscher Grundlage erstellten Rechnung zu wehren».
Die Pressemeldung schließt mit zwei Zitaten: So wird Boris Wehlauer, ehemaliger CEO und Verwaltungsrat der Schweizer Genie Holding AG (die Muttergesellschaft der BEV) mit den Worten zitiert:
Immerhin: Nach dem Stromanzeiger vorliegenden Informationen soll ein großer Energieversorger aus dem schweizerischen Zug, der bereits sehr erfolgreich in einigen europäischen Ländern aktiv ist, Interesse an einem BEV-Einstieg gehabt haben, was noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens klar gewesen sei.
Davon unberührt attackiert Wehlauer die Amtsrichterin in der Pressemitteilung weiter mit den Worten:
Desweiteren sieht Wehlauer die Rechtslage so, dass auf Grund eines «fertig ausgehandelten Deals mit einem potentiellen Käufer der BEV», die Fortführung der Geschäfte «die Pflicht des Insolvenzverwalters Bierbach gewesen wäre». Was dieser aber nicht gemacht habe.
Zuletzt wird Sascha Walter, Rechtsanwalt der Kanzlei Walter & Walter aus Frankfurt a.M., welche Unternehmer Wehlauer vertritt, mit den folgenden Worten zitiert:
Interessant: Sasche Walter ist selber ebenfalls ein Insolvenzverwalter, lässt sich seiner Homepage entnehmen.
Zudem wird Walter in der Pressemeldung mit den Worten zitiert:
Stromanzeiger.de bat Axel Bierbach von der umstrittenen Münchner «MHBK Rechtsanwälte Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen» angesichts der massiven Vorwürfe um eine Stellungnahme, die auch einging.
Die Stellungnahme von Bierbach veröffentlichen wir an dieser Stelle auf Grund der Komplexität der Vorgänge komplett. So schrieb er uns:
«Insolvenzantragsverfahren BEV Bayerische Energieversorgungsgesellschaft mbH
Stellungnahme des vorläufigen Insolvenzverwalters der BEV Bayerische Energieversorgungsgesellschaft mbH, Axel W. Bierbach, zur heutigen Pressemitteilung der NAIMA Strategic Legal Services GmbH"».
"Zur heute veröffentlichten Pressemitteilung der NAIMA Strategic Legal Services GmbH mit der Überschrift ‚BEV: Aufstand der Gläubiger gegen untätige Insolvenzrichterin‘ nimmt der vorläufige Insolvenzverwalter der BEV Bayerische Energieversorgungsgesellschaft mbH, Axel W. Bierbach, wie folgt, Stellung:
„Die in dieser Pressemitteilung erhobenen Vorwürfe, denen zufolge die BEV auf meine Anweisung hin massenhaft falsche und überhöhte Abrechnungen an Kunden versendet, entbehren jeder Grundlage. Der Vorwurf, die Jahresverbrauchsrechnung beruhe unsererseits nicht auf tatsächlichen Verbrauchswerten, sondern vielmehr nur auf Verbrauchsschätzungen, ist falsch.
Grundlage der von der BEV erstellten Verbrauchsberechnungen sind die Informationen der Netzbetreiber, die diese uns zum Verbrauch der einzelnen Kunden und zu den Zählerständen melden. Bei fehlenden Zählerständen werden die Kunden direkt von der BEV angeschrieben und um Auskunft ihrer Zählerstände gebeten.
Was die Anrechnung der Bonusansprüche, insbesondere die Boni für Neukunden betrifft, gibt es unterschiedliche Meinungen. Nach unserer Rechtsauffassung besteht kein Anspruch auf den Neukundenbonus, wenn das Vertragsverhältnis des Kunden kürzer als zwölf Monate besteht.
Ich möchte betonen, dass auf die bisher erstellten und versendeten insgesamt rund 142.000 Endabrechnungen hin bisher sehr wenig Kritik am Abrechnungsverfahren gekommen ist und die Zahlungsquote der Kunden für ihre offenen Energielieferungen bisher sehr hoch ist.
Aber natürlich gibt es auch Kunden, die der Ansicht sind, dass sie einen anderen bzw. geringeren Betrag bezahlen mussten und Widerspruch gegen ihre Endabrechnung einlegen. Diese Widerspruche werden kontinuierlich juristisch geprüft und bearbeitet. Es werden in berechtigten Fällen Korrekturabrechnungen erstellt. Das Inkassoverfahren ruht, solange die Prüfung andauert.
Der weiterhin in dieser Pressemitteilung geäußerte Vorwurf, dass ich die Auszahlung von Kunden-Guthaben für zweitrangig halte und die Kunden ‚austricksen‘ möchte, indem nur Endabrechnungen mit Nachforderungen versandt werden, ist ebenfalls falsch. Tatsache ist, dass die BEV bereits rund 400.000 Abrechnungen, davon mehr als 260.000 Abrechnungen mit Kunden-Guthaben erstellt hat.
Diese können erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die Gläubiger versandt werden. Denn erst dann können die Gläubiger der BEV ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden. Damit ist kurzfristig zu rechnen.
In seltenen Fällen haben einzelne Kunden mehrere Verträge und aus einem Vertrag sind sie Gläubiger, aus dem anderen Schuldner. In diesen Fällen besteht regelmäßig eine zulässige Aufrechnungslage. Die betreffenden Kunden müssen die BEV darüber nur über die zur Verfügung stehenden Kontaktformulare informieren, denn diese Information kann aus dem Abrechnungssystem der BEV leider nicht automatisch ermittelt werden.
Dass der Versand der Abrechnungen durch die BEV erst im Mai begann und sich über Monate hinzieht, hat vor allem damit zu tun, dass die Muttergesellschaft der BEV, die ebenfalls insolvente Genie Holding AG, deren Mitgesellschafter und Verwaltungsrat der zitierte Herr Boris Wehlauer ist, einer Übernahme der Verträge durch die BEV nicht zugestimmt hatte und es eines sehr aufwändigen Procedere bedurfte, bis die BEV überhaupt in der Lage war, die benötigten Verträge mit den Dienstleistern abzuschließen um die Kundenverträge abrechnen zu können. Die Genie Holding und Herr Boris Wehlauer haben hierzu keinerlei Unterstützung geleistet.
Die Aussage, dass das Inkasso-Unternehmen Creditreform einen Kredit in Höhe von drei Millionen Euro zur Abwicklung der Vertragsbeziehungen gewährt hat, ist korrekt. Ohne eine solche Anschubfinanzierung wäre es nicht möglich gewesen, die Endabrechnungen für alle Kunden zu erstellen. Wir haben verschiedene
Möglichkeiten geprüft; die Creditreform erschien uns angesichts deren großer Expertise und Erfahrung in vergleichbaren Fällen als der geeignete Partner dafür.
Dass ich im Januar einen ‚fertig ausgehandelten Deal‘ mit einem potenziellen Käufer ausgeschlagen habe und kein Interesse hatte, die Geschäfte der BEV fortzuführen, entspricht nicht der Wahrheit. Von einer Strafanzeige der Staatsanwaltschaft gegen mich habe ich keine Kenntnis."
Anmerkung: Die Versender der Pressemeldung bleiben bei ihrer Darstellung.
Am Dienstag kurz vor 16 Uhr Uhr erreichte zudem die folgende Stellungnahme des Amtsgerichts München die Redaktion:
«Sehr geehrter Herr Richter,
ich darf in Beantwortung Ihrer Bitte um eine Stellungnahme auf die Presseerklärung des vorläufigen Insolvenzverwalters verweisen, auf die vollinhaltlich Bezug genommen wird:
https://www.bev-inso.de/pdf/20191014_Stellungnahme.pdf".»
Das dort dargestellte Vorgehen des vorläufigen Insolvenzverwalters sei «jeweils mit dem Amtsgericht München abgestimmt» gewesen, schreibt Klaus-Peter Jüngst, «weiterer aufsichtführender Richter am Amtsgericht München», der auch als Pressesprecher fungiert.
Ob sich die in der Pressemeldung scharf kritisierte Richterin äußern wolle, müsse er mit dieser erst noch abklären.