Dipl.-Psychologe Bernd Kielmann zur Ukraine-Krise und steigenden Gaspreisen: "Leider befriedigende Lösung derzeit schwierig"

Der Hamburger Diplom-Psychologe Bernd Kielmann bildete über Jahre angehende Psychologen in einem von ihm geführten Institut aus. Vor seinem Interesse an der Psychologie studierte das langjährige SPD-Mitglied an der Hochschule für Politik und Wirtschaft in Hamburg. Im Dialog mit einem politisch Interessierten, der aber offiziell nicht auftreten möchte - nennen wir ihn deshalb die "Gegenstimme" - versucht sich Bernd Kielmann der Ukraine-Krise psychologisch wie politisch zu nähern. Wir geben das Gespräch wider.

Gegenstimme: Jetzt haben wir den Salat, Putin macht mit China und Indien ein Militärmanöver und am Ende haben wir den 3. Weltkrieg. Daran hat die Nato Mitschuld, weil sie sich entgegen ihrer Zusagen in den 1990er Jahren zu sehr nach Osteuropa ausweitete. Hätte man mit der NATO-Osterweiterung Russlands Präsidenten Wladimir Putin in den vergangenen 30 Jahren nicht immer weiter provoziert, dann hätten wir das Problem des Krieges Russlands gegen die Ukraine möglicherweise nicht. Auch würden die Strompreise, wie die Erdgaspreise, nicht durch die Decke gehen. Günstige Energie sollte auch im Westen ein Grundrecht sein. Der Staat hat sich aus meiner Badewanne, Dusche und der Klonutzung raus zu halten.

Bernd Kielmann: Wäre, wenn. Klar, aber jetzt sind wir eben mitten in der schlimmsten Krise Europas nach dem zweiten Weltkrieg, also nach 1945. Wir brauchen Lösungen.

Gegenstimme: Die Entwicklung der Energiepreise ist doch skandalös. Sie wurden von der EU unter Führung der schrecklich inkompetenten Ursula von der Leyen und der inkompetenten Berliner Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP für die Privatbürger wie Unternehmen völlig unverantwortlich durch die Decke gejazzt, indem man Russland als Gaslieferanten so lange beschimpft und beleidigt hat, bis Putin nicht mehr liefern wollte. In der Privatwirtschaft wären da Lieferverträge auch gekippt worden. Wer permanent als Krimineller beschimpft wird, hat sicherlich keine Lust, da noch Gas zu liefern. Man hätte das Thema günstige Gaslieferungen und Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine trennen müssen, statt das zu vermengen ohne eine Lösung zu haben.

Bernd Kielmann: Dann lassen Sie uns doch einmal die Gaspreise anschauen.

Gegenstimme: Laut der deutschen in Leipzig ansässigen Energiebörse EEX, der European Energy Exchange, einer öffentlich-rechtlichen Institution welche dem deutschen Börsengesetz unterliegt und auch deutsche Gaspreise veröffentlicht und zwar über die Seite www.powernext.com/spot-market-data mussten pro Megawattstunde Gas in Deutschland am 30. August 2022 insgesamt irre 319 Euro bezahlt werden. So viel wie nie zuvor. Bis zum 16. September ist der Gaspreis zwar wieder auf 202 Euro pro Megawattstunde gefallen, aber immer noch irre hoch.

Diplom-Psychologe Bernd Kielmann: Neue Friedensordnung nach Helsinker Vorbild gefordert.

Quelle: EEX Energiebörse, Leipzig auf dem Portal https://www.powernext.com/spot-market-data. Stand: 16.9.2022.

Bernd Kielmann: Wobei die Gaspreisentwicklung schon vor Russlands Einmarsch im Februar 2022 bereits im Jahr 2021 durch die Decke ging. Denn, was heute schon wieder von vielen komplett vergessen wird: Dem Krieg gingen weitere Scharmützel und massive Auseinandersetzungen voraus. So hatte US-Präsident Joe Biden mit dem Kongress die EU massiv unter Druck gesetzt, mehr teures Flüssiggas aus den USA abzukaufen und Nordstream 1 und erst Recht Nordstream 2, die beiden großen Gas-Pipelines aus Russland nach Deutschland, abzuschalten. Im Zuge dessen kam es schließlich zu Truppen-Zusammenzügen an der ukrainischen Grenze. Man kann wohl das eine vom anderen kaum trennen. Noch im März 2021 forderten die USA einen "sofortigen" Stopp von Nord Stream 2, führte das energynewsmagazine.at aus.

Gegenstimme: Die USA zündelten kräftig und wollen seit Jahren neben der digitalen Herrschaft über die EU auch die Hoheit über die Energie in Europa.

 

Bernd Kielmann: Am 21. Mai 2021 wurde bekannt, Biden wolle zwar keine weiteren als bereits ausgesprochene Wirtschaftssanktionen beschließen, dennoch schrieb süddeutsche.de, wonach Washington weiterhin den Bau von Nord Stream 2 ablehne und dass über allen beteiligten Firmen immer noch das Damoklesschwert von Sanktionen schwebe. Ein Sprecher des US-Außenministeriums habe zudem gesagt, wonach die Biden-Regierung immer der Ansicht gewesen sei, dass Nord Stream 2 ein geopolitisches Projekt der Russen sei, das die europäische Energiesicherheit bedrohe sowie die der Ukraine und von Verbündeten und Partnern an der östlichen Flanke der Nato. Deshalb überprüfe die US-Regierung weiterhin alle beteiligten Entitäten auf sanktionierbares Verhalten und stellten klar, dass Firmen Strafmaßnahmen riskierten, wenn sie in Nord Stream 2 involviert seien.

Gegenstimme: Das ist alles sehr komplex. Das Portal 1-gasvergleich.com schrieb wiederum folgendes: Der Gas-Preisanstieg an der Energiebörse habe sich bis in den Dezember 2021 ohne Entspannung fortgesetzt. Ende des Jahres 2021 habe die Lage zu eskalieren begonnen mit enormen Preissprüngen beim Erdgas in Deutschland. So sei bereits damals ein Rekordpreis für Erdgas von 212 Euro pro Megawattstunde an der Erdgasbörse in Deutschland aufgerufen worden. Kurz vor Weihnachten 2021 seien die Preise für Gas wieder unter die 100 Euro Marke in Deutschland pro Megawattstunde gefallen, Quelle für diese Angabe sei die Leipziger Energiebörse EEX.

Das Portal 1-gasvergleich.com stellt die Entwicklung der Gaspreise für Privathaushalte in Deutschland schön grafisch dar. (Quelle: https://1-gasvergleich.com/gaspreise/). Stand: 16.9.2022. Der gelbe rechte Balken-Anteil ist die von Robert Habeck, dem GRÜNEN-Bundeswirtschaftsminister eingeführte "Gasumlage", die jetzt jeder Haushalt, der Gas bezieht, bezahlen soll, ebenso die meisten Unternehmen.

1-gasvergleich.com schreibt weiter, wonach nach Ansicht von Experten der Preisrückgang beim Gas in Deutschland bereits Ende 2021 an den größeren Liefermengen Flüssiggas aus Amerika gelegen habe. Tanker mit für den asiatischen Markt bestimmten Lieferungen hätten schon damals Kurs auf Europa genommen, was die Nachfrage nach russischem Gas geschwächt habe. Das wiederum habe den russischen Energieriesen Gazprom dazu verleitet, Ergas-Lieferungen nach Europa über die Jamal-Pipeline durch Polen einzustellen. Bereits seit dem 21. Dezember 2021 habe Russland über die Jamal-Pipeline kein Erdgas mehr nach Deutschland geliefert.

Das alles zeigt doch, dass die USA kräftig mit gezündelt haben im Vorfeld des Einmarsches Russlands in die Ukraine und dass die USA offensichtlich recht klar die Srategie verfolgt haben, Russland als wichtiger Partner von Rohstoffen von Europa abzuschneiden.

Bernd Kielmann: Alles hat immer ein Vorspiel und es ist richtig, wenn man den Blick breiter ansetzt.

Gegenstimme: Interessant ist, dass das Erdgas-Preisniveau von rund 100 Euro sich bis zum Einmarsch Russlands in der Ukraine im Februar 2022 gehalten hat. Auch am größten europäischen Gashandelsplatz, dem niederländischen Terminkontrakt TTF, dem "Dutch TTF Gas Futures" kostete die Megawattstunde Gas Mitte September 2022 fast 200 Euro, nämlich 189 Euro, schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Damit liege der Gaspreis allerdings immer noch etwa achtmal so hoch wie für die Jahreszeit üblich, so die F.A.Z. Ein Chart des Portals investing.com stellt das sehr schön dar. Demnach lag der Gaspreis an dieser Börse Ende August sogar bei 342 Euro - so viel wie nie zu vor.

Auch am größten europäischen Gas-Börsenhandelsplatz, den niederländischen sogenannten "TTF-Erdgas-Futures" (Dutch TTF Natural Gas Futures) knallten die Preise Ende August 2022 auf bis zu 343 Euro hoch - so viel wie nie zuvor. Quelle: https://www.investing.com/commodities/dutch-ttf-gas-c1-futures.

Bernd Kielmann: Dann lassen Sie uns Ihre Prämissen einmal anschauen. Sie unterstellen eingangs, dass, wenn die Nato sich nicht nach Osten der EU ausgeweitet hätte, dann hätte Putin keinen Krieg mit der Ukraine gemacht.

Gegenstimme: Naja, zumindest würde ich diese These ungerne einfach so unter den Tisch fallen lassen. Man kann auch spekulieren, ob Russland überhaupt in die Ukraine einmarschiert wäre im Februar 2022, wenn die USA nicht mit Sanktionen und Staats-Einschüchterungen sowie der Drohung massiver Wirtschaftssanktionen gegen am Bau der Nordstream 2 beteiligter Unternehmen versucht hätten, sich massiv in innerdeutsche und innereuropäische Angelegenheiten einzumischen. Auf jeden Fall war die rücksichtslose NATO-Osterweiterung bis direkt ans Bett von Putin falsch.

Warum man Lettland und Estland aufnehmen musste und auch mit der Ukraine ins Bett gehen wollte, erschließt sich mir nicht. Als Russland in den 1968er Jahren auf Kuba Atombomben stationieren wollte, waren die USA so pikiert, dass sie selbst indirekt über Kennedy mit einem Atomkrieg drohten. Aber wenn die NATO das gleiche an Russlands Grenze macht, soll alles ok sein? Die NATO sollte ja nie zu einem Weltbündnis ausgebaut werden, sondern verhindern, dass es wieder Krieg in Europa gibt.

Bernd Kielmann: Und wie sehen Sie das weiter?

Gegenstimme: Ein Frieden in Europa konnte zwar über Jahrzehnte gewährleistet werden, aber die machthungrige permanenten NATO-Vergrößerung konnte es am Ende auch nicht verhindern, dass wir wieder Krieg in Europa haben. Die NATO hatte schon mit ihrem Libyen-Krieg die Weltöffentlichkeit hinters Licht geführt und gelogen, man richte eine angebliche Nato-Flugverbotszone ein. Die müdete dann darin: Die Nato bombardierte Tausende Bomben auf Libyen und alle anderen sollten am Boden bleiben. Was daran eine Verteidigung von Grund und Boden von Nato-Mitgliedern sein soll, blicke ich nicht. Libyen ist kein Nato-Mitgliedsland und damit hat sich die Nato da raus zu halten mit kriegerischen Maßnahmen. Seitdem, also seit 2011, war klar: Russland und China würden diese Nato-Lüge aus dem Jahr 2011 dem Westen niemals verzeihen. Denn im UN-Sicherheitsrat hatte der Westen mit seinen wichtigsten Nato-Mitgliedsländern die Weltöffentlichkeit dreist über eine angebliche Flugverbotszone, die man in Libyen einrichten wolle, um Frieden zu schaffen, angelogen. Am Ende half die Nato sogar Libyens Diktator Gaddafi im Jahr 2011 umzubringen. Mord!

Bernd Kielmann:
Damit unterstellen Sie, dass Putin auch tatsächlich Angst hat vor der Nato hat und dass die Nato Russland angreifen könnte und in einem günstigen Moment auch würde. Aber hat Putin tatsächlich diese Angst? Mag sein! Allerdings ist er ein geschickter Taktiker und gibt dieses als Grund an in dem Wissen, dass dieses Sichtweise plausibel ist:

1. Die Nato hat sich ausgeweitet und
2. Sie hat dadurch einen strategischen Vorteil errungen.

Diese Punkte verleiht seiner Darstellung Glaubwürdigkeit. Das Problem ist nun, dass wir nicht wissen können, ob er tatsächlich so denkt. Wir wissen nicht, ob er Angst hat vor der Nato oder ob er dieses nur vorschiebt, um sein eigentliches Ziel, die Renaissance der alten Sowjetunion 2.0 zu verwirklichen. Als SU 2.0 könnte er seine Ambition wieder Weltmacht zu werden Gewicht verleihen. Was sind also seine wirklichen Gedanken und Ziele von Putin? Muss Russland Angst vor einem Natoangriff haben? Russland hat ein gigantisches Atomwaffenarsenal, dass allein schon für ruhige Nächte bei Putin sorgen dürfte.

Gegenstimme: Wenn dem so ist. Welche Ziele könnte er denn haben?

Bernd Kielmann: Wie Sie wissen, wurde die Tochter des russischen nationalistischen Ideologen Alexander Geljewitsch Dugin getötet. Der Anschlag galt wohl ihm und nicht der Tochter. Dugin hat maßgeblichen Einfluss auf Putin. Dugin möchte wieder ein neues großrussisches Reich, in dem Russland zur Weltmacht wird. Es ist von daher vorstellbar, dass Dugin über die Jahre Putin ein postimperialistischen Kurs schmackhaft machte. Und irgendwann hat sich unter Umständen Putin diese nationalistische Ideologie zu eigen gemacht und verfolgt nun das, was Dugin propagiert.

Allerdings wissen wir nicht, ab wann Putin sich in dieser Richtung bewegt hat. Vielleicht war auch der Zusammenbruch des Ostblocks 1989, den er in Dresden erlebte, das Schlüsselerlebnis und Trauma für ihn, das es zu überwinden gilt durch eine SU 2.0.

Wäre die Natoerweiterung das Problem und die Nato würde sich zurückziehen, dann bliebe nach wie vor das Weltmachtstreben von Dugin und Putin. Und zu einer Weltmacht Russland gehören nun einmal die ehemaligen Sowjetrepubliken. Ein Rückzug der Nato wäre also riskant, da sie Putin einen strategischen Vorteil verschaffen würde. Ein Abkommen in dieser Richtung würde wahrscheinlich mit dem Münchner Abkommen von Hitler und Englands Chamberlain vergleichbar.

Gegenstimme: Es ist doch vollkommener Mumpitz, immer diesen Chamberlain-Vergleich und Hitler-Vergleich heranzuziehen, nur weil Chamberlain, der britische Premierminister von 1937 bis 1940, sich zunächst weigerte nach dem Desaster des Ersten Weltkrieges mit Millionen von Toten, sich gleich in den nächsten Weltkrieg zu stürzen. Vielleicht wäre es auch gar nicht zu einem Zweiten Weltkrieg gekommen und Hitler hätte nicht ganz Europa besetzt, wenn England nicht in den Krieg eingetreten wäre.

Bernd Kielmann: Die Wahrscheinlichkeit, dass, wie es Adolf Hitler tat, Putin schon nach kurzer Zeit weiter Druck auf den Westen ausüben würde, wenn der Westen sagt, die NATO wird nicht in den Osten, sprich, die Ukraine, erweitert, ist sehr groß. Und bei Nichterfüllung neuer Forderungen von Putin würde es spätestens dann zum Konflikt kommen, wenn die NATO zum Beispiel die Ukraine aufnehmen würde. Spätestens dann würde Putin und sein Russland zu den Waffen greifen, um seine Ziele durchzusetzen. Ein "Münchner Abkommen", wie zu Zeiten Adolf Hitlers, wäre nur ein Zeitgewinn für den Westen mit seinen Werten aber auch für Putin, er könnte aus den aktuellen Fehlern lernen und sich neu und besser aufstellen, um sein ursprüngliches Ziel der Eroberung der Ukraine wieder auf zu nehmen.

Gegenstimme: Aber was wäre denn die Lösung?

Bernd Kielmann: Leider ist eine für die freie Welt befriedigende Lösung derzeit schwierig. Da rächen sich die Fehler der Vergangenheit. Bildlich gesprochen: Solange die Titanic damals im April 1912 den Eisberg noch nicht schrammte, hätte man das Schiff retten können, wenn ein kluger Kapitän gesagt hätte, wir haben eine mondlose Nacht und deshalb wird die Fahrt gestoppt und wir machen morgen früh weiter. Das hätte das Schiff gerettet, aber leider schrammte sie den Eisberg, da man auf Tempo machen wollte und der Untergang war besiegelt. Von da an ging es in jener Nacht vom 14. auf den 15. April 1912 nur noch um die Rettung von Leben. Anders gesagt, wenn ein Schachspieler einen Fehler macht, dann kann ein guter Spieler vorhersagen, dass er in spätestens 16 Zügen matt ist.

So ähnlich ist es jetzt. Wir müssen erst einmal analysieren wie gut ist unsere Position und welche Züge können jetzt gemacht werden, um zu einem dauerhaften Ende des Krieges zu kommen. Bei welchen Angeboten der Ukraine und der Nato würde Putin ernsthaft verhandeln? Das muss ausgelotet werden.

Gegenstimme:
Ok, Sie meinen also, wie kriegt man ihn zum Verhandeln und zu Zugeständnissen und möglicherweise zu einem Rückzug aus dem Krieg in der Ukraine?

Bernd Kielmann: Jeder hat irgendwo ein Thema, mit dem man sich überzeugen lässt. Es geht jetzt also darum zu schauen, wo beißt Putin an? Das kann leider derzeit niemand sagen. Zumal viele Putin unterstellen, er sei ein Psychopath. Da ich Psychologe bin, könnte ich hierzu eine Menge sagen, aber eine öffentliche Ferndiagnose verbietet sich für mich.

Der Westen muss Ziele definieren, wie zum Beispiel eine neue europäische Sicherheitsarchitektur aussehen könnte, die möglicherweise eben auch Russlands Interessen gebührend berücksichtigt. Das ist natürlich jetzt extrem schwierig geworden. Denn gleichzeitig entsteht ein neuer Block, der möglicherweise mittelfristig mächtiger werden könnte als der Westen es derzeit noch ist: China, Indien und Russland, eventuell auch noch Länder wie Südafrika und Brasilien und im schlimmsten Falle auch noch Teile der arabischen Welt und da meine ich nicht nur den Iran, sondern vielleicht auch mal Saudi-Arabien. Man darf nicht vergessen, dass der Westen von mittlerweile 7,9 Milliarden Menschen auf dem Globus gerade mal um die zehn bis 15 Prozent der Weltbevölkerung stellt.

Im Juli 1975 hielt man die bekannte ‚Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa‘ in Helsinki ab. Das war ein Forum auf dem blockübergreifend europäischen Staaten aus Ost und West zur Zeit des Ost-West-Konfliktes über ein Sicherheitskonzept für Europa diskutieren. Also die berühmte Helsinki-Konferenz. Die erste Konferenz fand vor allem auf Initiative der Teilnehmerstaaten des Warschauer Pakts ab dem 30. Juli 1975 in der finnischen Hauptstadt Helsinki statt, da Helsinki damals neutral war. Das war ein toller Anfang. Sowas könnte und sollte man reanimieren, um eine neue europäische Sicherheitsarchitektur zu verhandeln. Voraussetzung ist, dass Putin wieder auf den Weg des Friedens und eines respektvollen Umgangs zurückkehrt.

Gegenstimme: Muss das nicht etwas globaler gesehen werden?

Bernd Kielmann: Natürlich sollte dies angesichts des sich anbahnenden Konfliktes zwischen China und Taiwan sowie den USA in einem größeren Kontext gesehen werden. Neben der Reanimation des Helsinkiprozesses müsste parallel eine weitreichenden Reform der UNO angedacht werden. Damit könnte man verhindern, dass wir es bald mit weiteren lokalen, aber geopolitisch bedeutenden Flächenbränden zu tun haben. Inflation und Krieg gehören geschichtlich immer auf eine Medaille. Deshalb brauchen wir dringend ein Friedenskonzept, das nicht einseitig Interessen versucht durchzuboxen.

Denn längst ist der Ukraine-Krieg ein Flächenbrand, wie wir an den explodierenden Gaspreisen sowie der hohen Inflation im Westen sehen. Alleine Österreich hat jetzt wieder eine Teuerungsrate von fast 10 Prozent für die Ausgaben seiner Bürger bekannt gegeben. Wie eine weitreichende Reform aussehen könnte, hängt natürlich vom Willen der Mächtigen dieser Welt ab. Interessieren sich die Mächtigen mehr für eine imperiale Machtpolitik des 19. und 20. Jahrhunderts oder werden sie mehr in eine Zusammenarbeit auf ökologischer Ebene gehen, welche auch die enorme Überbevölkerung dieser Erde berücksichtigt und die sich daraus ergebenden weiteren Herkulesaufgaben. Die Vernunft sagt uns, handelt für die Generation der Kinder und Kindeskinder und sichert die Welt ökologisch wie ökonomisch möglichst breit ab. Denn das ist der beste Garant für Frieden in der Welt.

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