Im Vorstand der SPD mehren sich scheinbar die Stimmen, die flächendeckend für Deutschlands über 40 Millionen regelmäßige Autofahrer das Benzin noch teurer machen möchten, als es schon heute ist. Laut Kraftfahrzeugbundesamt sind aktuell 57,3 Millionen Kraftfahrzeuge (Kfz) zugelassen.[i]
Man wolle, sagten aus dem SPD-Vorstand unter anderem die stellvertretende Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), Manuela Dreyer, dass Benzin und Heizöl deutlich verteuern und zwar durch einen CO2-Aufschlag. Ihn solle künftig jeder Bürger zahlen müssen.
Schon heute liegt der Anteil staatlicher Steuern und staatlich vorgegebener Abgaben auf Benzin bei rund 80%. Ähnlich hoch ist der Anteil in Nachbarländern wie der Schweiz.
In Frankreich hatte aber die Ankündigung der Regierung, Millionen Bürgern durch eine zusätzliche CO2-Abgabe auf Benzin das Leben noch teurer zu machen, zur Gelbwesten-Revolte geführt.
Vor allem Bürger aus ländlichen französischen Gebieten oder Pariser Vororten, die unter Armut und Arbeitslosigkeit leiden, waren über Monate hinweg lautstark auf die Straße gegangen.
Das Benzin auch in Deutschland schon heute sehr teuer ist, moniert Claus, 25, der auf dem Land wohnt:
«Ich fahre vielleicht vier Mal im Monat je 50 Kilometer vom Land in die Stadt hin und wieder zurück, macht also rund 400 Kilometer. Zusätzlich fahre ich hier auf dem Land öfters mal zu Aldi zum Einkaufen, in die Arbeit oder zu Freunden. Zwischendurch nehme ich meist das Fahrrad. Trotzdem habe ich im Schnitt 200 Euro Benzinkosten jeden Monat».
Diese 200 Euro könnten schon bald der Vergangenheit angehören. Benzin in Deutschland gehört zwar heute schon zu den weltweit teuersten. Doch kommt der CO2-Aufschlag hinzu, wird es noch teurer. Einen Ausweg könnte lediglich ein Umstieg auf ein Elektro-Auto bringen. Doch hier fehlt es noch an flächendeckenden Strom-Tankstellen.
Außerdem gibt es regelmäßig Veröffentlichungen, die vorrechnen, wonach auch ein Stromtank nicht viel billiger komme, als ein Bezintank.
Derzeit gibt es aber in der SPD Streitereien darüber, wie man das neue Steuerkind CO2 nennen möchte. Da Steuererhöhungen im Wahlkampf schlecht ankommen, hat man derzeit den PR-Begriff «Klimaprämie» sich ausgedacht. Klingt einfach besser.
Die Prämie könne beispielsweise so aussehen, dass Geringverdiener angeblich an der Supermarktkette jährlich eine Barauszahlung per zugeschickten Barcode erhalten. Dies meinte SPD-Politiker Wolfgang Tiefensee, Wirtschaftsminister von Thüringen.[ii] Zudem saß Tiefensee schon einmal als Bundesverkehrsminister in der Bundesregierung und war Oberbürgermeister im rot-rot-grün dominierten Leipzig.
«Wer wenig CO2 verbraucht, wird kräftig profitieren. Wer das Klima stark belastet, hat am Ende weniger in der Tasche», sagte Dreyer, die seit 2013 Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz ist.
Derzeit ist aber das CO2-Steuerkonzept der SPD noch nicht ganz fassbar: Wer gilt als Geringverdiener? Die Leipziger Sekretärin die täglich aus dem Leipziger Umland in die Stadt pendelt und am Monatsende trotzdem nur 1800 brutto monatlich verdient?
Oder gilt erst die Altenpflegerin aus Leipzig als Geringverdiener, die es netto monatlich gerade einmal auf 1200 Euro bringt und davon Miete, Strom, Telefon, Internet, Essen, Urlaub, Kleider, Auto, Essengehen, Versicherungen bezahlen soll?
Oder gilt erst als Geringverdiener der studierte 28-jährige Betriebswirtschaftler aus Halle, der nach fünf Jahren Berufserfahrung als SEO-Mitarbeiter in einem IT-Unternehmen trotzdem nur 2300 Euro brutto monatlich verdient? Oder ist das dann aus SPD-Sicht schon ein Gutverdiener?
Zudem: Angeblich solle wenig Benzinverbrauch mit einer Barauszahlung bei Lidl, Marktkauf oder Aldi belohnt werden.
Was ist aber denn mit den Geringverdienern oder der geringer verdienenden Mittelschicht, die viel fahren muss, da das Öffentliche Personennahverkehrsnetz auf dem Land schlecht ist und deshalb beruflich bedingt täglich mit dem Auto zum Arbeitsplatz gependelt werden muss? Was wäre also mit dem geringverdienenden Vielverbraucher?
Soll er trotzdem den CO2-Aufschlag aufs Benzin bezahlen? Oder muss er um die jährliche Vergütung an der Supermarktkasse zu erhalten jährlich dann in die Stadtverwaltung?
Muss er dort dann der Sachbearbeiterin (im Steueramt oder wo?) seine übers Jahr gesammelten Benzinquittungen vorlegen und seinen Einkommensnachweis sowie den Nachweis, dass er nicht nur zum Vergnügen in die Stadt gefahren ist, sondern zur Arbeit, zum Einkaufen oder um seine Kleine in den Kindergarten zu bringen?
Zudem: Ist eine solch staatliche Kontrolle der Hintergründe für den persönlichen Benzinverbrauch überhaupt mit der europäischen Datenschutzrichtlinie vereinbar?
Fakt ist, sagt der ADAC, wonach es in Deutschland «deutliche Zunahmen… bei den Arbeits- und Ausbildungswegen» gebe. So habe eine ADAC-Studie schon 2008 festgestellt, dass die durchschnittliche Wegentfernung bis zum Arbeitsplatz bei 17,7 Kilometern liege.
Diese Entferung zum Arbeitsplatz sei gegenüber 2002 ein deutlicher Anstieg von 2,5 Kilometern. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der ADAC beim Ausbildungsweg. Auch dieser habe sich alleine in den Jahren 2002 bis 2008 von 6,6 Kilometern auf 8,1 Kilometer erhöht.[iii]
Das mit Abstand wichtigste Verkehrsmittel stelle auf gesamt Deutschland betrachtet das Auto dar. So liege der Anteil der Autofahrer zum Arbeitsplatz bei 43%. Rechne man die Mitfahrer hinzu komme man im Jahr 2008 gar auf einen Anteil von 58%. Das Auto würde zu fast 6 x häufiger zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte genutzt, als der Öffentliche Personennahverkehr, heißt es in einer ADAC Erhebung die 2010 veröffentlicht wurde. Immerhin sei aber der Anteil des ÖPNV leicht um rund 2% gestiegen auf 8%.
[i] Jahresbilanz des Fahrzeugbestandes am 1. Januar 2019, Kraftfahrzeugbundesamt.
[ii] SPD-Minister will „Klimaprämie“ im Supermarkt auszahlen lassen, in: Die Welt Online vom 20..7.2019. Abgerufen am 22.7.2019.
[iii] Mobilität in Deutschland: Ausgewählte Ergebnisse Fakten & Argumente, von: Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V., Ressort Verkehr, 2010.