Energiemarkt Energieversorger zerrieben zwischen Netzbetreibern, Staat und Preisvergleichsportalen

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Die Netzbetreiber stehen aufgrund intransparenter Netzentgelte in der Kritik.

Mit salbungsvollen Worten beschreiben die von der Politik installierten Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz (50Hertz Transmission GmbH), Amprion (Amprion GmbH), Tennet (TenneT TSO GmbH) und TransnetBW (TransnetBW GmbH) ihren "gesellschaftlichen Auftrag".

So ist auf der Seite netzentwicklungsplan.de – ein Gemeinschaftsprojekt der vier großen Übertragungsnetzbetreiber, welche abgekürzt als ÜNB bezeichnet werden – Folgendes zu lesen: Man würde nicht nur die Ökowende durch Einspeisung von Sonnenenergie und Biomasse vorantreiben, sondern auch im Höchstspannungsnetz den Netzbetrieb regeln und für eine reibungsfreie Strombelieferung sorgen.

Der Grundtenor: Dank Tennet, 50Hertz, Amprion und Co. würde Deutschland mit Energie versorgt werden. Hierbei genieße man auch eine weitreichende Unterstützung von "Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Bürgern". Nur so würde eine "erfolgreiche Entwicklung einer modernen Energieinfrastruktur als gesamtgesellschaftliches Projekt" gelingen, heißt es auf der Seite weiter. [1]

 

Netzbetreiber würden Monopolstellung missbrauchen

Doch so wohlwollend und verantwortungsvoll die Worte auch klingen: In der Energiewirtschaft vernimmt man eine ganz andere Meinung zu den vier großen Netzbetreibern. Einige Marktpartner berichten sogar von Machtmissbrauch, der so manche Energieversorger in den Ruin treibe.

Im Verlauf des Jahres 2018 verschwanden nämlich schon einige Anbieter vom Markt. Hierzu zählen beispielsweise die Marken Eveen, Enversum und die Energieagenten Versorgung. Erstere seien aber vor allem angeblich wegen steigender Energiepreise in Bedrängnis geraten, verlautbarten die betroffenen Unternehmen in Meldungen. [2], [3]

Bezüglich der Energieagenten GmbH meldete die Seite derenergieblog.de, dass das Unternehmen Insolvenz angekündigt habe, nachdem Amprion, Tennet und TransnetBW die Bilanzkreisverträge gekündigt hätten. [4]

Ein Bilanzkreisvertrag regelt im deutschen Stromnetz die Lieferung von Strom durch die Netzbetreiber an die Kunden des Energieversorgers entsprechend des täglichen, monatlichen oder jährlichen Verbrauchs. Zudem regelt er die Abrechnungsmodalitäten. Dazu gehört, dass die Energieversorger, die im Vertrag als "Bilanzkreisverantwortliche" (BKV) geführt werden, die staatlich vorgeschriebene EEG-Umlage aus dem Erneuerbaren Energie-Gesetz von den Kunden mit ihren Stromrechnungen einfordern und die Gelder an die Übertragungsnetzbetreiber weiterleiten.

Doch genau hier liegt oftmals der Hase im Pfeffer der Bilanzen der Energieversorger begraben. So musste nämlich jüngst im Dezember 2018 auch die DEG Deutsche Energie GmbH Insolvenz anmelden. Das Unternehmen versorgte nach eigenen Angaben rund 50.000 Kunden mit Strom und Erdgas. Darunter befanden sich auch sehr prominente Abnehmer wie der Deutsche Bundestag oder die Hamburger Elbphilharmonie.

Die Belieferung mit Strom und Gas an die Tausenden Kunden habe man aber bereits zum 22. Dezember 2018 einstellen müssen. Das erklärt der Energieversorger in einer umfangreichen Stellungnahme auf seiner Internetseite nicht ohne Wut – und zwar auf die Übertragungsnetzbetreiber. [5]

Doch von der Insolvenz betroffen war nicht nur die DEG Deutsche Energie selbst, sondern weitere verbundene Unternehmen.

Wie die Deutsche Energie in die Pleite getrieben wurde

Auf Grund der Komplexität im deutschen Strommarkt und im Bereich der Energieversorger lohnt sich ein näherer Blick auf die DEG, deren komplexe Konstruktion durchaus repräsentativ für die Branche ist, in der auch gerne immer mal wieder über die Konkurrenz gemunkelt wird.

Laut einem Eintrag aus dem Jahr 2018 auf dem Bundesanzeiger waren zumindest im Geschäftsjahr 2016 folgende Gesellschaften an der DEG beteiligt:

  • DEG Deutsche Trading GmbH aus Erlenbach.
  • Die DEG Deutsche Service GmbH aus Wiesbaden.
  • Die Lorenzon AG aus Hamburg.
  • Sowie die easystrom GmbH und der envitra Energiehandel aus Wien.

Zum Leistungsspektrum der insolvent gegangenen DEG steht im Lagebericht 2016 Folgendes:

"Die DEG Deutsche Energie GmbH (vormals: RST Holding GmbH) (im Folgenden „DEG“) ist Anbieter von Gas- und Stromprodukten. Die Gesellschaft beliefert bundesweit größtenteils Kunden im Bereich B2B, Hausverwaltungen und öffentliche Träger (Städte, Gemeinden, Krankenhäuser, Anstalten des öffentlichen Rechts)." [6]

Dem Bericht ist ferner zu entnehmen, dass die DEG im Jahr 2016 nur vier Mitarbeiter beschäftigte – einschließlich der Geschäftsführung. Wie in der Branche üblich, wurden alle weiteren Personalangelegenheiten, vor allem die Callcenter- und sonstigen Servicecenter-Aktivitäten über eine separate GmbH abgewickelt:

"Die Aufgaben des Kundendienstes werden durch die DEG Deutsche Service GmbH wahrgenommen. Die gesamte Abwicklung der Belieferung von Gas- und Stromkunden wird durch die Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH durchgeführt."

Trotz der für die Strombranche eher überschaubaren Kundenanzahl von 50.000 Kunden erwirtschaftete das in Erlenbach ansässige Unternehmen nach eigenen Angaben 2018 einen Umsatz von 800 Millionen Euro. Schaut man sich den Umsatz von 2016 an, war dieser aber mit gerade einmal 96 Millionen Euro deutlich niedriger.

Auffällig ist dabei, dass es zwischen 2016 und 2018 zu einer Umsatzexplosion gekommen ist. Innerhalb von nur zwei Jahren verachtfachte sich der Umsatz nämlich. Möglich dürfte dies durch den Zugewinn wichtiger Großkunden gewesen sein. So belieferte die DEG Deutsche Energie neben dem Deutschen Bundestag und die Hamburger Elbphilharmonie auch das Rundfunkhaus Berlin-Brandenburg. Dann das plötzliche Aus des Energieversorgers.

Deutsche Energie sieht sich als Opfer von Tennet und Co.

Für die Insolvenz macht die Deutsche Energie den mächtigen Übertragungsnetzbetreiber TenneT TSO GmbH mit Sitz in Bayreuth verantwortlich, dessen Stromnetze sich von der Nordsee bis nach Garmisch spinnennetzförmig ziehen. Die Tennet habe, beklagt die DEG, einseitig den Bilanzkreisvertrag mit der DEG gekündigt. [5 f]

Ohne eine entsprechende Vereinbarung konnte die DEG ihre Kunden nicht mehr mit Strom versorgen, da die Netzbetreiber quasi die Netznutzungslizenz entzogen haben mit einem Vertragswerk, das wiederum von der Bundesnetzagentur freigegeben wurde.

Die DEG kritisiert das Verhalten des Monopolisten Tennet ungewöhnlich scharf. So bilanzierte die Deutsche Energie, dass man den "Kampf gegen die Monopole in der Energiewirtschaft" verloren habe. Worte, die wohl stellvertretend für zahlreiche andere Energieversorger, welche in den vergangenen Jahren in Deutschland auch auf Betreiben der Netzbetreiber insolvent gegangen sind, angesehen werden dürfen.

Die DEG schreibt weiter, dass die Kündigung des Stromliefervertrages durch Tennet "völlig unnötig gewesen" sei. Die Tennet habe so für einen "beachtlichen wirtschaftlichen Schaden für Kunden, Netzbetreiber, Mitarbeiter, Vertriebspartner und für den gesamten Energiemarkt Deutschlands" gesorgt.

Tennet weist Vorwürfe zurück

Der in der deutschen Energieszene allmächtige Netzbetreiber Tennet bestreitet die Vorwürfe. Gegenüber einem Energieblog äußerte sich eine Tennet-Sprecherin zu der Angelegenheit. Demnach habe man lediglich die gesetzlichen Rechte genutzt, um angeblich "weiteren Schaden zu Lasten der Verbraucher" abzuwenden.

So sei die DEG angeblich im Zahlungsrückstand mit der anfallenden Ökostrom-Umlage (EEG-Umlage) gewesen. Dies sei der Grund gewesen, weshalb sich Tennet „gezwungen“ gesehen haben will, nach Paragraf 60 Absatz 2 EEG den Bilanzkreisvertrag aufzukündigen und damit die Geschäftsgrundlage dem Unternehmen zu entziehen. [7]

Von welchem Schaden die Tennet-Vertreterin spricht, wird aus ihrem Statement nicht so richtig klar. Fakt ist:

  • Die Übertragungsnetzbetreiber ziehen nicht nur die hohe in Deutschland obligatorische EEG-Umlage von den Energieversorgern ein.
  • Vielmehr lassen sie sich ihre Dienste an der Stromübertragung in Form eines staatlich abgesegneten Netzentgeltes vergolden.
  • Das heißt: So müssen die Energieversorger auf Veranlassung der Netzbetreiber ihre Kunden zusätzlich zur EEG-Umlage mit Netzentgelten belasten.

In einer Beispielrechnung wird dies klar:

  • Die Netzentgelte machen einen Anteil am Strompreis von im Schnitt 25,6 Prozent aus. Sie gehen in der Spitze aber an die 29 Prozent heran.
  • Muss ein Verbraucher 100 Euro monatlich für seinen Strom an den Energieversorger bezahlen, würden rund 25 bis 29 Euro davon direkt an den Netzbetreiber gehen.
  • Der Energieversorger fungiert hier also als eine Art Inkassobüro, der die vom Kunden eingenommen Entgelte direkt an die Netzbetreiber weiterleitet.

Insider vermutet Absprachen der Netzbetreiber

Entsprechend bezeichnet denn auch ein Marktkenner gegenüber Stromanzeiger.de die Tennet-Ausführungen zur Insolvenz von Energieversorgungsunternehmen wie DEG Deutsche Energie als „Unsinn“.

Die vier Monopol-Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW hätten im Sommer 2018 für zahlreiche Energieversorger ihre Abrechnungsmodalitäten im Bereich der EEG-Umlage für ihre Marktpartner geändert. Das erzähle man sich zumindest in der Branche.

Die Änderung habe dazu geführt, dass so mancher Energieversorger auf einen Schlag riesige Summen aus der EEG-Umlage aufbringen hätte müssen, welche an die Netzbetreiber im Rahmen des Bilanzkreisvertrags hätten überwiesen werden müssen.

Dieses Vorgehen habe manchen Anbietern „das Genick gebrochen“ und laste nach wie vor schwer auf einigen. Im Gespräch seien Summen von insgesamt weit über 200 Millionen Euro, welche diverse Energieversorger relativ adhoc hätten überweisen müssen. Ob diese Angaben stimmen oder nicht, konnte nicht komplett verifiziert werden.

Fakt ist aber auch, dass es in der Energiebranche ein offenes Geheimnis ist: Vor allem neuere aufstrebende Energieversorger hätten bei der Berechnung der an die Netzbetreiber abzuführenden Ökostrom-Umlage (EEG-Umlage) öfters im Bilanzjahr nicht die aktuelle Gesamtzahl aller eingekauften und verbrauchten Megawattstunden berücksichtigt:

  • Vielmehr sei es nicht selten üblich gewesen, dass im Abrechnungsjahr nur etwa 50 bis 80 Prozent des tatsächlichen Verbrauchs an die Netzbetreiber gemeldet worden seien.
  • Die Abrechnung der restlichen 20 bis 50 Prozent sei zwar nicht unter den Tisch gefallen, sei aber häufig erst im darauffolgenden Jahr erfolgt.

Mit dieser leicht zeitversetzten Weiterüberweisung der EEG-Umlage hätten sich vor allem neuere Energieversorger versucht Luft für den Unternehmensaufbau und Wachstum zu verschaffen. Für Wachstum im hart umkämpften und von Preisvergleichsportalen wie Check24 oder Verivox fast monopolartig dominierten Geschäft rund um den Online-Abschluss von Energieverträgen im Strom- und Gasmarkt.

Paradigmenwechsel führt Energieversorger in die Defensive

Der Experte führt weiter aus: "Angenommen ein Energieversorger hatte im Jahr 2017 circa 100.000 Megawattstunden an seine Kunden geliefert. In so einem Fall kam es vereinzelt vor, dass im aktuellen Jahr nur für 50.000 bis 80.000 Megawattstunden die Ökostrom-Umlage an die Übertragungsnetzbetreiber gemeldet wurden und die Differenz zu 100.000 erst im nächsten Jahr."

Klar sei auch: Natürlich dürften die Netzbetreiber diese Rechenspiele gewusst haben, so der Experte. Und natürlich dürften sie das in den vergangenen 20 Jahren aus strategischen Gründen häufig akzeptiert haben.

Möglicherweise auch, um eben der von der EU vor 20 Jahren gewollten Liberalisierung des Strommarktes auf die Beine zu helfen. Denn vor allem Stromdiscounter sind es, die seit 20 Jahren mit Hilfe der Onlineportale Millionen Bürger zum Stromwechsel verführen.

"Viele Energieversorger sahen sich mit riesigen Forderungen konfrontiert"

Zwar, heißt es nun in der Branche, führten vor allem Stromdiscounter oftmals immer noch nicht umgehend monatlich 100 Prozent der EEG-Umlage auf den von Netzbetreibern ihren Kunden gelieferten Stroms ab.

Allerdings würden nun auf Druck der vier Oligopolisten, also von 50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW auch von neueren Stromdiscountern nun 80 bis 90 Prozent der EEG-Umlage ohne größere Zeitverzögerung nach Einzug bei den Verbrauchern umgehend an die Netzbetreiber weitergeleitet.

  • Damit entfällt aber eben ein wichtiger Zwischenfinanzierungs-Puffer gerade für neuere unabhängige Energieversorger.
  • Gleichzeitig zwingt das aber auch die neuen Energieversorger zur nachhaltigen Haushaltung und wirtschaftlichen Tarifkalkulation, was aber wiederum auf Kosten der Wachstumsoptionen geht.
  • Eine verzwickte Geschichte also, da es so oder so das Wachstum deutlich zügelt.

Ein Marktkenner ist sich gegenüber Stromanzeiger.de sicher, dass genau eine solche Gemengelage zur Insolvenz nicht weniger Energieversorger in den vergangenen Jahren geführt habe. Er gehe davon aus, dass dazu auch die DEG Deutsche Energie gehöre, wenn man sich deren Pressemeldung durchlese.

Würden aber immer mehr private freie Energieversorger auf Grund massiven wirtschaftlichen Drucks und ruinöser von den Preisvergleichsportalen angetriebener Wettbewerbe vom Markt verschwinden, gelte:

  • Dann seien am Ende wieder die teuren Grundversorger, die Stadtwerke und Gemeindewerke, die großen Gewinner im Energie-Monopoly.
  • Dabei könne man auch von einem Schulterschluss der Monopolisten, also der Übertragungsnetzbetreiber sowie der Stadtwerke, zum Schaden des freien Wettbewerbs sprechen.

Anfrage an Übertragungsnetzbetreiber

Stromanzeiger.de kontaktierte die vier großen Übertragungsnetzbetreiber und wollte von ihnen wissen, ob es Absprachen zur Rechnungsstellung im Sommer 2018 gegeben habe. Darüber hinaus stellte die Redaktion noch weitere Fragen an die großen Netzbetreiber, um Licht ins Dickicht der Entgelte, Umlagen und Abgaben zu bringen.

Am Ende entstand ein recht umfassender Katalog von 17 Fragen, welchen wir an die Pressestellen von Amprion, 50Hertz, Tennet und TransnetBW mit der Bitte um Stellungnahme verschickten. Den genauen Wortlaut der Anfrage möchten wir aus Gründen der Transparenz und Nachvollziehbarkeit unseren Lesern nicht vorenthalten:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

die Seite Stromanzeiger.de ist ein Nachrichtenblog mit den Schwerpunkten Energiewirtschaft, Erneuerbare Energien und Verbraucherhilfe.

Zurzeit arbeite ich an einem Artikel, der sich mit der Rolle der Netzbetreiber im deutschen Strommarkt beschäftigt.

In diesem Zusammenhang habe ich mich auch mit der Insolvenzankündigung der DEG Deutsche Energie GmbH auseinandergesetzt, die den Übertragungsnetzbetreibern in einer Pressemeldung zum Insolvenzverfahren zumindest eine Teilschuld an der Situation gibt.

So heißt es in der Stellungnahme, dass mehrere Übertragungsnetzbetreiber "den für die Versorgung mit Strom notwendigen Bilanzkreis mit der DEG Deutsche Energie GmbH" gekündigt hätten. Aus Sicht der DEG sei dieser Schritt allerdings "völlig unnötig" gewesen. [I]

In einem weiteren Bericht bestritt ein Übertragungsnetzbetreiber die Vorwürfe und beschuldigte die DEG, dass diese im Zahlungsverzug gewesen sei. So hieß es aus dem Unternehmen, dass "es die DEG trotz mehrfacher Aufforderung" versäumt habe, die anfallende Ökostrom-Umlage an den Netzbetreiber zu zahlen. [II]

Ein Marktkenner berichtete uns nun, dass die vier großen Übertragungsnetzbetreiber die Abrechnungsmodalitäten für ihre Marktpartner hinsichtlich der Ökostrom-Umlage im Sommer 2018 mehr oder weniger überraschend geändert hätten.

Es sei in der Energiebranche, so der Insider, ein offenes Geheimnis, dass vor allem "neuere Energieversorger bei der Berechnung der an die Netzbetreiber abzuführenden Ökostrom-Umlage (EEG-Umlage) öfters im Bilanzjahr nicht die aktuelle Gesamtzahl aller eingekauften und verbrauchten Megawattstunden" berücksichtigten.

Vielmehr sei es nicht selten üblich gewesen, dass im Abrechnungsjahr nur etwa 50 Prozent des tatsächlichen Verbrauchs an die Netzbetreiber gemeldet worden seien. Die Abrechnung der anderen 50 Prozent sei zwar nicht unter den Tisch gefallen, sei aber häufig erst im darauffolgenden Jahr erfolgt.

Meine Fragen hierzu an Sie:

1. Frage: Ist Ihnen ein solcher Sachverhalt bekannt?

2. Frage: Falls ja, erfolgte diese Meldung eines bis zu 50 Prozent geringeren Verbrauchs in Absprache mit Ihnen als Übertragungsnetzbetreiber?

3. Frage: Haben Sie als Übertragungsnetzbetreiber die Möglichkeit die Angaben der Energieversorger hinsichtlich des Stromverbrauchs und der daraus sich ergebenden Höhe der EEG-Umlage zu verifizieren?

Hinzu kommt, dass im Sommer 2018 bei den vier großen Netzbetreibern ein Umdenken eingesetzt habe. Dem Insider zufolge habe man einen Teil der Energieversorger dazu aufgefordert, relativ zeitgleich die anfallende EEG-Umlage für die durch die Kunden verbrauchte Strommenge an die Übertragungsnetzbetreiber weiterzureichen. Mit diesem Vorgehen seien einige Versorger in Liquiditätsengpässe manövriert worden.

Im Gespräch hätten Summen von weit über 200 Millionen Euro gestanden, welche diverse Energieversorger relativ adhoc an die vier Übertragungsnetzbetreiber – Tennet, 50Hertz, Amprion und TransnetBW - hätten überweisen müssen.

Könnten Sie mir bitte folgende Fragen dazu beantworten:

4. Frage: Können Sie diesen Vorgang bestätigen bzw. wie ist Ihre Sicht auf diese Darstellung?

5. Frage: Warum sind Sie ggf. von Ihrer Kulanz bezüglich der zeitverzögerten Abführung der EEG-Umlage abgerückt?

In diesem Kontext würden wir auch gern wissen:

6. Frage: Haben Sie sich mit den anderen Übertragungsnetzbetreibern hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten bei Energieversorgern abgesprochen? Aus einigen Unternehmen war nämlich zu hören, dass es hier eine auffällige zeitliche Nähe hinsichtlich der Bekanntgabe der Änderungen der Modalitäten bei allen vier großen Übertragungsnetzbetreibern gegeben hätte.

Darüber hinaus ergeben sich für uns noch folgende Fragen an Sie:

7. Frage: Wie viele Bilanzkreisverträge haben Sie im Jahr 2018 gekündigt?

8. Frage: Wie viele Bilanzkreisverträge haben Sie aufgrund von Zahlungsrückständen bezüglich der Ökostrom-Umlage gekündigt?

9. Frage: Sprechen Sie sich hinsichtlich der Kündigung von Bilanzkreisverträgen mit anderen Netzbetreibern ab?

Die Energieversorger treiben für Sie sowohl die Ökostrom-Umlage als auch die Netzentgelte ein.

10. Frage: Zahlen Sie den Energieversorgern für diesen Vorgang eine Aufwandsentschädigung oder ähnliche Beträge?

11. Frage: Welche weiteren Abgaben, Steuern und Entgelte muss der Energieversorger im Auftrag der Netzbetreiber bzw. des Staates eintreiben? Welche Beträge leiten Sie davon direkt an den Staat weiter?

12. Frage: Wenn Sie gegenüber den Energieversorgern bzw. Stromdiscountern scheinbar selbst strengere Zeitfenster beim Eintreiben der EEG-Umlage festlegen, dürften wir hier wissen, in welchem Zeitfenster Sie die EEG-Umlage an den Staat weiterreichen? Tätigen Sie hier die Überweisung monatlich, halbjährlich oder jährlich? Oder wie können wir uns das vorstellen?

13. Frage: Reichen Sie die EEG-Umlage unter Abzug eines Bearbeitungsentgeltes an den Staat weiter oder wird die Summe 1 zu 1 weitergereicht?

14. Frage: An welches Ministerium wird die EEG-Umlage überwiesen?

15. Frage: An welche Ministerien fließen die restlichen hoheitlichen Belastungen und weitere Einheiten (Stromsteuer, Konzessionsabgabe, KWK-Umlage, §19 Umlage, Umsatzsteuer, etc.)?

Zu guter Letzt noch folgende Fragen zu den Netzentgelten in Deutschland:

16. Frage: Nach welchem Schlüssel werden die Netzentgelte unter den verschiedenen am Stromnetz beteiligten Akteuren – zu nennen wären hier die Übertragungsnetzbetreiber und die regionalen bzw. lokalen Verteilnetzbetreiber – verteilt?

17. Frage: Ausgehend von einem monatlichen Stromabschlag in Höhe von 100 Euro entfallen laut aktuellen Berechnungen des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft etwa 25 Prozent bzw. 25 Euro auf die Netzentgelte. [III] Wie hoch ist dabei der Prozentanteil, den die vier großen Übertragungsnetzbetreiber erhalten? Wie viel Prozent entfallen von den Netzentgelten auf die regionalen und lokalen Verteilnetzbetreiber und Messstellenbetriebe?

Um eine Stellungnahme zum oben genannten Fragenkomplex wird bis zum XX.XX.XXXX gebeten."

Übertragungsnetzbetreiber bestreiten Vorwürfe des Insiders

Die Antworten auf den umfangreichen Fragenkomplex rund um die Themen Netzentgelte und EEG-Umlage fielen mitunter äußerst schmal aus. Die Schreiben von Tennet, TansnetBW, 50Hertz und Amprion gingen hingegen kaum auf die gestellten Fragen ein, sondern frühstückten den gesamten Fragenkomplex in zwei bis vier Blöcken ab, die sich zum Großteil mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen zur EEG-Umlage und den Netzentgelten befassen.

Auffällig war hierbei, dass das einleitende Wording der Mails von Amprion und Tennet fast identisch klang. So schrieb Herr Andreas Preuß, Pressesprecher von Amprion, an Stromanzeiger.de. Die entsprechenden Textpassagen sind in Rot hervorgehoben.

"Sehr geehrter Herr Hansen,

bitte entschuldigen Sie, dass wir ein wenig später antworten, als von Ihnen gewünscht.

Ich werde versuchen Ihren umfangreichen Fragenkatalog in zwei Blöcken – EEG und Netzentgelte – zu beantworten. […]"

Die Pressesprecherin von Tennet leitete ihre E-Mail mit einem nahezu identischen Wording ein:

"Sehr geehrter Herr Hansen,

bitte entschuldigen Sie, dass wir ein wenig später antworten, als von Ihnen gewünscht.

Ich werde versuchen, Ihren umfangreichen Fragenkatalog in zwei Blöcken – zur Kündigung und zur Frage, wie umfänglich die Meldung des tatsächlichen Verbrauchs sein muss - zu beantworten. […]"

Ob es eine Absprache zwischen den beiden Übertragungsnetzbetreibern hinsichtlich der Beantwortung der Presseanfrage von Stromanzeiger.de gegeben hat, ist damit zwar nicht bewiesen, trotzdem hat der Umstand, dass beide ähnlich antworten, einen faden Beigeschmack. Das Antwortmuster, in zwei Blöcken auf die Fragen einzugehen, wurde auch von 50Hertz übernommen.

TransnetBW antwortet auf die 17 Fragen in Form von vier eigens kreierten Blöcken, die allgemeine Hinweise zu Bilanzkreiskündigungen, zur Insolvenz der DEG, zur Abwicklung der EEG-Umlage sowie der Netzentgelte und weiterer Umlagen enthielten.

Darin bestätigt zwar der Übertragungsnetzbetreiber, dass er den "Bilanzkreisvertrag mit der DEG Deutsche Energie GmbH mit Wirkung zum 21. Dezember 2018" gekündigt habe, allerdings würden "(w)eiterführende Informationen über die jeweiligen Kündigungsgründe (…) nicht kommuniziert", beauskunftete die TransnetBW-Sprecherin Regina König gegenüber Stromanzeiger.de

Hinsichtlich der EEG-Umlage und der Netzentgelte verhält man sich noch schmallippiger. So handle es sich bei der EEG-Umlage sowie bei den weiteren genannten Umlagen und auch bei den Netzentgelten "um komplexe Sachverhalte, die sich schwer in kurzen Sätzen erläutern lassen."

Amprion zeigte sich etwas transparenter. Laut einer Excel-Tabelle die das Unternehmen auf seiner Webseite zur Verfügung stellt, hat der Übertragungsnetzbetreiber nach Berechnungen der Stromanzeiger.de-Redaktion Ende Dezember 2018 mit 696 Unternehmen einen Bilanzkreisvertrag, wovon geschätzt gut 400 bis 500 Stadtwerke bzw. Gemeindeversorger sind. Die Stromdiscounter und sonstigen unabhängigen privaten Energieversorger stellen in der Liste hingegen nur etwa 25 Prozent. [8]

Mehr als jeder vierte Bilanzkreisvertrag wurde bei Amprion bereits gekündigt

Seit Bestehen hatte Amprion 926 Unternehmen unter Vertrag, 257 Bilanzkreisverträge wurden davon bislang gekündigt. Das entspricht einer Kündigungsquote von rund 28 Prozent. Jedoch ist nicht klar, wie viel der gekündigten Verträge auf Veranlassung von Amprion erfolgten und wie viel auf Betreiben der Amprion-Geschäftspartner.

Allein im Jahr 2018 wurden 35 Bilanzkreisverträge mit Unternehmen gekündigt, darunter Stromdiscounter. Zu den von Amprion gekündigten Energieversorgern zählte auch die DEG Deutsche Energie am 21. Dezember 2018.

Zu den Gründen für die Kündigung der DEG Energie GmbH möchte sich das Unternehmen jedoch nicht äußern, da es "vertragliche Angelegenheiten mit Dritten nicht kommentieren" könne. Losgelöst von diesem Einzelfall gestalte sich die Abrechnung der EEG-Umlage laut Amprion wie folgt:

"Die EEG-Umlage berechnet sich aus der an Letztverbraucher gelieferten Strommenge multipliziert mit dem EEG-Umlagesatz (derzeit 6,405 ct/kWh). Gem. § 60 EEG sind auf die Zahlung der EEG-Umlage monatliche Abschläge in angemessenem Umfang zu entrichten. Diese Abschläge berechnen wir auf Basis der Prognose des Stromlieferanten über seine an Endkunden gelieferten Mengen. Die Spitzabrechnung im Folgejahr beruht dann auf den bescheinigten Werten des Letztverbrauchs."

Hinsichtlich der Angabe geringerer Verbrauchswerte vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen gegenüber der Übertragungsnetzbetreiber äußerte Amprion, dass die Stromlieferanten gesetzlich verpflichtet seien, angemessene Abschläge zu leisten. Demnach seien "zu geringe Prognoseangaben nicht zulässig".

Amprion verweist zudem auf § 60 EEG, wonach der Übertragungsnetzbetreiber einen Bilanzkreis kündigen darf, "wenn Zahlungsrückstände von mehr als einer Abschlagsforderung" bestünden.

Die erhaltene EEG-Umlage würde direkt von Amprion an die Anlagenbetreiber, zum Beispiel Windparkbetreiber, weitergereicht.

Volker Kamm, Pressesprecher von 50Hertz, bestätigte gegenüber Stromanzeiger.de ebenfalls, dass der Übertragungsnetzbetreiber den "bestehenden Bilanzkreisvertrag" mit der DEG Deutsche Energie GmbH zum 27. Dezember 2018 gekündigt habe. Gegenüber Dritten wolle man jedoch keine weiteren „Auskünfte zu vertraglichen Fragen“ geben.

Tennet-Sprecherin Ulrike Hörchens äußert sich zum Fall der DEG Deutsche Energie GmbH etwas konkreter. In ihrer Stellungnahme bestätigte Sie auch gegenüber Stromanzeiger.de, dass ausstehende EEG-Abschlagszahlungen der Grund für die Kündigung des Bilanzkreisvertrags gewesen seien.

Tennet habe mit der Kündigung des Bilanzkreisvertrages "die gesetzlichen Rechte genutzt und Schaden zu Lasten des Verbrauchers abgewendet, in dem verhindert wurde, dass die Schulden zu Lasten des EEG-Kontos immer größer" würden.

Diese Aussage ist so natürlich Unsinn, denn von einem angeblichen Schaden am Verbraucher kann natürlich keine Rede sein, denn es ist nicht der Verbraucher, der die EEG-Umlage erhält, sondern der Netzbetreiber mit den entsprechenden angeschlossenen Ökostrom-Anlagebetreibern.

Gelieferte Strommenge sei "unverzüglich und vollständig mitzuteilen"

Grundlage für die Kündigung des Bilanzkreisvertrages mit der DEG Deutsche Energie GmbH sei §60 Abs. 2 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gewesen, wonach "die Übertragungsnetzbetreiber im Fall von Zahlungsrückständen von mehr als einer EEG-Abschlagsforderung den Bilanzkreisvertrag gegenüber dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen kündigen, wenn die Zahlung der Rückstände trotz Mahnung und Androhung der Kündigung drei Wochen nach Androhung der Kündigung nicht vollständig erfolgt ist."

Der Übertragungsnetzbetreiber Tennet kommentierte auch die Frage danach, wie umfänglich die Meldung des Elektrizitätsversorgungsunternehmen gegenüber den Übertragungsnetzbetreiber bezüglich des tatsächlichen Verbrauchs sein muss. Hierzu erklärt das Unternehmen, dass "Gemäß § 74 Abs. 2 EEG sind seitens der Elektrizitätsversorgungsunternehmen die gelieferte Strommengen dem Übertragungsnetzbetreiber unverzüglich und vollständig mitzuteilen."

Eine Meldung von nur etwa 50 Prozent des tatsächlichen Verbrauchs würde "mithin einen Verstoß gegen geltendes Recht darstellen", so Tennet weiter.

Die Übertragungsnetzbetreiber widersprechen damit zum Teil den Äußerungen des Insiders, der behauptet hatte, dass es "nicht selten üblich gewesen" sei, dass im Abrechnungsjahr "nur etwa 50 Prozent des tatsächlichen Verbrauchs" an die Netzbetreiber gemeldet worden seien.

Der Grund: Bei einer Meldequote von 50 Prozent und weniger des Stromverbrauchs würden die Energieversorger, die zur Abgabe der EEG-Umlage verpflichtet sind, laut Amprion und Tennet gegen deutsches Recht verstoßen.

Dennoch gilt: Bei Prognosewerten handelt es sich lediglich um Wahrscheinlichkeitswerte. Daher wird es nicht vermeidbar sein, dass es zwischen der Prognose und dem tatsächlichen Ereignis zu Abweichungen kommt. Wie hoch diese Diskrepanz letztlich ausfallen darf, hängt wohl auch von der Kulanz der Übertragungsnetzbetreiber ab. So ist es durchaus vorstellbar, dass eine Meldequote von 80 oder 90 Prozent des tatsächlichen Verbrauchs wohl kaum als ein Verstoß von den Netzbetreibern wahrgenommen werden würde, sondern eher unter die Kategorie "Prognosefehler" fällt.

Staat und Netzbetreiber diktieren zu einem Großteil Strompreis

Eingezwängt zwischen der Macht der Übertragungsnetzbetreiber, der staatlichen Finanzvorgaben beim Strompreis und der Macht der Preisvergleichsportale, welche den Energieversorgern in der Regel die Neukundenboni und Jahresboni aufzwingen, haben die freien Energieversorger, die Stromdiscounter, nur wenig Spielraum.

Schließlich entfallen laut dem Bundesverband für Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) mehr als 80 Prozent des Strompreises auf durch Energieversorger nicht beeinflussbare Preisbestandteile wie Umlagen, Steuern und Entgelte. [9] Im Zusammenhang mit der EEG-Umlage sowie den in der EU recht einmalig hohen Stromsteuern spricht man auch von hoheitlichen Kostenfaktoren, welche den Verbrauchern aufgezwungen werden:

  • So wies im Jahr 2018 die Ökostrom-Umlage, also die EEG-Umlage, einen Anteil von 23,6 Prozent am individuell von den Verbrauchern und Unternehmen zu bezahlendem Strompreis aus.
  • Hinzu kommt der Kostenblock der Netzentgelte, welche willkürlich von den Netzbetreiber-Oligopolisten in Absprache mit der Bundesnetzagentur jährlich neu festgelegt werden.
  • Für den Staat und die Netzbetreiber ist der Strommarkt letztlich ein weitaus lukrativeres Geschäft als für die Energieversorger selbst.
  • Hinzu kommt: Die Prügel für hohe Stromrechnungen kassieren auf Bewertungs- und Reklamationsportalen die Energieversorger, während die Haupt-Preistreiber – die Übertragungsnetzbetreiber sowie der Staat – immer schön fein raus sind.

Neben dem Staat und Netzbetreibern verdienen die bereits erwähnten Preisvergleichsportale wie Check24.de oder Verivox.de, auch Preisvergleich.de oder Billiger.de kräftig mit.

Ein Internetfachmann erklärt gegenüber Stromanzeiger.de: "Für jeden abgeschlossenen Vertrag erhalten die Betreiber der Seiten eine Vermittlungsprovision zwischen 40 und 60 Euro je Strom- oder Gaszähler." Das macht pro Energieversorger teils Summen in zweistelliger Millionenhöhe, welche an die Preisvergleichsportale zu überweisen. Jahr für Jahr, so lange man auf den Portalen gelistet ist.

Abhängigkeit von Preisvergleichsportalen

Da viele Stromdiscounter aber bis zu 95 Prozent ihrer Kunden über solche Portale erlangen, ist die Abhängigkeit von eben diesen bei einem Geschäftsmodell, das wenig Direktvertrieb hat, entsprechend groß.

Erschwerend kommt hinzu: Was der finanzielle Gau für Energieversorger ist, ist der Gewinn für die Preisvergleichsportale: Das exzessive Wechseln von Verbrauchern zu Lasten der Profitabilität von Stromtarifen oder Gastarifen.

Der Fachmann erklärt: "Die Interessen zwischen den Energieversorgern und den Preisvergleichsportalen stehen sich eigentlich diametral gegenüber. Natürlich will der Stromanbieter seine Kunden langfristig halten, um die in aller Regel im ersten Belieferungsjahr entstanden Verluste in den Folgejahre wieder ausgleichen zu können, während der Preisvergleichsseitenbetreiber eine hohe Wechselquote bereits nach dem neunten Monat des ersten Belieferungsjahres wünscht, um wieder weiter dicke, fette Provisionen bei Neuverträgen abkassieren zu können."

In Anbetracht der zahlreichen Bonusauszahlungen und Provisionen, die den Energieversorgern von den Vermittlungsportalen zwangsweise auferlegt werden, würden viele Stromanbieter im ersten Belieferungsjahr keinen Cent verdienen, fügt der Marktkenner hinzu. "Wer nicht in diesen sauren Apfel beißt, wird bei den Portalen nicht gelistet."

Der Fachmann weiter: "Je nach Tarifkalkulation erwirtschaften einige Energieversorger erst ab dem zweiten oder gar dritten Belieferungsjahr einen kleinen Gewinn, während der Staat, die Netzbetreiber und Vermittlungsportale ab der ersten Kilowattstunde kräftig abkassieren." Der ruinöse Preiswettbewerb zwischen den Stromanbietern im Internet sei dabei Mittel zum Zweck. Nur wer den fettesten Bonus anbiete, werde weit oben gelistet.

Ein aktuelles Rechenbeispiel soll diesen oftmals ruinösen Wettbewerb der Stromdiscounter verdeutlichen. Für einen Single-Haushalt mit einem jährlichen Verbrauch von 2000 kWh pro Jahr in 60488 Frankfurt am Main verlangt der Energieanbieter Shell Privatenergie laut Verivox im Tarif "Strom Bonus 12" 563,47 Euro (Stand: 11. Januar 2019, 12 Uhr).

Ein Tarifcheck von Shell Privatenergie mit Boni vom 11. Januar 2019 auf Verivox (2.000 kWh Jahresverbrauch für Frankfurt am Main).Verivox

Dieser Preis berücksichtigt einen Sofortbonus in Höhe von 42 Euro im Jahr und einen Neukundenbonus in Höhe von 106 Euro, die der Energieversorger aus seiner privaten Tasche zahlen muss.

Ohne Bonus würde der Tarif laut Verivox 712,32 Euro kosten. Ausgehend von diesem Jahrespreis können jedoch pauschal gut 80 Prozent an hoheitlichen Belastungen und Entgelten abgezogen werden, die direkt an die Netzbetreiber und den Staat (Stromsteuer, Ökostromumlage) weitergereicht werden. Übrig bleiben demnach nur noch rund 142,46 Euro.

Ein Tarifcheck von Shell Privatenergie ohne Boni vom 11. Januar 2019 auf Verivox (2.000 kWh Jahresverbrauch für Frankfurt am Main).Verivox

Stromverträge im ersten Belieferungsjahr sind oftmals Verlustgeschäfte

Von den 142,46 Euro fällt noch einmal ungefähr die Hälfte als Kosten für den Stromeinkauf bzw. für die Stromherstellung weg. Bleiben also noch 71,23 Euro übrig, mit denen der Energieanbieter arbeiten kann. Hierunter fallen auch die Kosten für Personal, Miete, Verwaltung und IT.

Doch im ersten Belieferungsjahr kommen auf den Energieversorger womöglich noch weitere Kosten hinzu, die beispielsweise durch die Vermittlung des Vertrags entstehen könnten. So würden die Preisvergleichsportale für ihre "Vermittlungsdienstleistung" eine Pauschale zwischen 40 und 60 Euro je Vertrag erheben, macht also einen reinen Umsatz von nur noch 11,23 Euro im schlechtesten Fall.

Bei Kunden mit Bonusverträgen droht ein weiterer Kostenhammer im ersten Belieferungsjahr. Im angenommenen Beispiel zahlt der Anbieter Shell Privatenergie Boni in Höhe von 148 Euro. Diese Summe setzt sich aus dem Sofortbonus in Höhe von 42 Euro, der in der Regel nach acht Wochen fällig wird, und dem Neukundenbonus in Höhe von 106 Euro, der zum Ende des ersten Belieferungsjahres überwiesen wird, zusammen.

Rechnet man alle Kosten inklusive Boni auf, würde der Energieversorger im ersten Belieferungsjahr mit dem Kunden einen Verlust von 136,77 Euro machen (11,23 minus 148 Euro = 136,77 Euro). Der Energieversorger hat daher ein genuines Interesse daran, den Kunden langfristig zu halten, um profitabel zu arbeiten.

Auf eine Presseanfrage vom 18. Januar 2018 an Shell Privatenergie bezüglich der Berechnung der hier angenommenen Tarife und Kosten erhielten wir bislang keine Antwort (Stand: 18. Januar 2019, 18:30 Uhr).

Kommt es dann noch zu starken Strompreisänderungen am Markt oder einem Anstieg an staatlichen Belastungen, kommt der Energieversorger mit seiner ohnehin schon sehr knappen Tarifkalkulation in die Bredouille. Tarifanpassungen ab dem zweiten oder dritten Belieferungsjahr sind daher eher die Regel als die Ausnahme, damit der Energieanbieter auf einem wirtschaftlich sicheren Fundament stehen kann.

Zustandekommen der Netzentgelte sei eine "Blackbox"

So wie die Gewinne bei den Preisvergleichsportalen im Geschäft mit der Vermittlung von Energieversorgern seit Jahren sprudeln, so lachen auch die Übertragungsnetzbetreiber. Denn auch sie erhalten fast automatisch jährlich ihren Geldregen, abgeliefert von den Stromdiscountern und sonstigen Energieversorgern, die es wiederum eben bei den rund 42 Millionen deutschen Stromkunden per monatlicher Abschlagszahlung eintreiben müssen.

  • Die Netzgelte der deutschen Übertragungsnetzbetreiber, also von 50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW, lagen 2018 im Schnitt bei saftigen 7,27 Cent je Kilowattstunde. [10]
  • Damit fallen in Deutschland die Netzkosten sogar höher aus als die umstrittene Ökostromumlage, also die EEG-Umlage, die eine Höhe von 6,792 Cent je Kilowattstunde im Jahr 2018 hatte. [11]
  • Das klingt alles nicht nach so viel, doch letztlich summieren sich diese Cents zu Milliardenbeträgen.

Nach einer Analyse der Denkfabrik Agora Energiewende sei aber das „Zustandekommen der Netzentgeltentscheidungen eine Blackbox.“ [12]

Das Magazin "Erneuerbare Energien" vermutet, dass "die fehlende öffentliche Kontrolle für viele Netzbetreiber eine Art Freibrief" sei, um eigene Preisvorstellungen durchzusetzen. [13]

Im Gegensatz zu den hoheitlichen Belastungen wie die Ökostromumlage, die Stromsteuer oder auch die Umlage aufgrund des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG-Umlage) handelt es sich bei den Netzbetreiberentgelten um nicht hoheitliche Belastungen.

Jährlich im Oktober ist es das gleiche Spiel: Erhöhen die Netzbetreiber ihre Gebühren, also die Netzentgelte, führt dies vor allem bei den Stromdiscountern regelmäßig zu kleinen oder größeren Herzattacken. Zumindest mit Blick auf jene Kunden, die beispielsweise noch im September einen 12-Monatsvertrag mit sogenannter "eingeschränkter Preisgarantie" abgeschlossen haben.

Das führt nämlich dazu, dass für solche Kunden nachträglich der Preis zumindest hinsichtlich einer Anpassung der Netzentgelte eher nicht angepasst, also erhöht werden kann. Denn Netzentgelte sind zwar einerseits durchaus hoheitlich gewollt und werden auch hoheitlich letztlich festgelegt, doch in der Außendarstellung gelten sie als private Entgelte der Netzbetreiber.

Fein raus sind wiederum die Stadtwerke: Denn sie haben in der Regel keine Kunden mit Preisgarantie, beziehungsweise formal richtig bezeichnet, der "eingeschränkten Preisgarantie". Sie geben in der Regel keine. Deshalb können sie ungeniert dann einfach die Preise erhöhen und die erhöhten Netzentgelte als einen Grund angeben.

"Die Arschkarte haben also mal wieder die Stromdiscounter, welche den Wettbewerb über Preisvergleichsportale oder den Direktvertrieb organisieren", kommentiert ein Kenner.

Kräftige Gewinnsprünge bei Übertragungsnetzbetreibern

Die Überschüsse der vier großen Übertragungsnetzbetreiber – 50 Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW – nahmen in den letzten Jahren sprunghaft zu:

  • Der Konzerngewinn von 50 Hertz betrug 2016 noch 128 Millionen Euro. Im Jahr 2017 stieg das Ergebnis auf 182 Millionen Euro. Ein Plus von 42 Prozent. Das Unternehmen mit Sitz in Berlin beschäftigt rund 1043 Mitarbeiter und generierte im Geschäftsjahr 2017 einen Umsatz von 9,9 Milliarden Euro unter der Geschäftsführung von Boris Schucht. Das Unternehmen betreibt das Höchstspannungsstromnetz in allen Bundesländern Ostdeutschlands einschließlich Berlin. [14]
  • Amprion verzeichnete laut Geschäftsbericht im Jahr 2017 einen Jahresüberschuss in Höhe von rund 174 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahr eine Gewinnsteigerung von immerhin 10 Prozent. Der Sitz der Gesellschaft ist Dortmund. Das Unternehmen betreibt das zweitgrößte Höchstspannungs-Stromnetz in Deutschland, das sich über sieben westdeutsche Bundesländer erstreckt, darunter auch Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Der Umsatz von Amprion lag 2017 bei über 13 Milliarden Euro und erreichte damit einen neuen Höchststand in der Unternehmensgeschichte. Das Unternehmen beschäftigt rund 1.300 Mitarbeiter. [15]
  • Die Tennet TSO GmbH erwirtschaftete laut Jahresabschluss 2017 einen Gewinn von 153 Millionen Euro. Demgegenüber stand 2016 noch ein Verlust von über 52 Millionen Euro. Das Unternehmen betreibt das größte Höchstspannungs-Stromnetz Deutschlands zwischen Schleswig-Holstein und Bayern mit einer Gesamtlänge von 12.605 Kilometern. [16] Die Gewinne aus dem Jahr 2017 kamen der Muttergesellschaft Tennet Holding B.V. mit Sitz in den Niederlanden zugute. Diese konnte ihren Gewinn von 523 Millionen Euro im Jahr 2016 auf 531 Millionen im Jahr 2017 steigern, ein Plus von 2 Prozent. Tennet hatte zum 31. Dezember 2017 rund 1.700 Mitarbeiter. [17]
  • Nur die TransnetBW GmbH verzeichnete 2017 einen Jahresverlust von rund 28 Million Euro. Das Unternehmen beschäftigte zum 31. Dezember 2017 562 Personen. [18]

Sorgen hinsichtlich der Finanzlage muss man sich aber bei der Transnet Baden-Württemberg nicht machen. EnBW (Energie Baden-Württemberg), die Muttergesellschaft der TransnetBW GmbH, scheffelte im gleichen Geschäftsjahr nämlich Milliardengewinne. Nach dem aktuellen Geschäftsbericht lag der Konzerngewinn 2017 bei rund 2,05 Milliarden Euro nach einem Verlust von 1,8 Milliarden Euro im Vorjahr. [19]

Frontal21 kritisiert hohe Netzentgelte

Bereits im August 2018 deckte die ZDF-Sendung "Frontal21" (Moderation: Ilka Brecht), die in der Regel dienstags um 21 Uhr ausgestrahlt wird, das teils dubiose, intransparente und manchmal skrupellose und auf Profitmaximierung ausgerichtete Geschäftsgebaren der Netzbetreiber auf. Der Beitrag stand unter der Schlagzeile "Geheime Netzentgelte - Wie Stromriesen kräftig abkassieren".

Laut den Recherchen des ZDF-Reporterteams habe beispielsweise der Netzbetreiber Bayernwerk AG, eine Tochter des Energiekonzerns E.ON, bereits im Jahr 2016 rund 159 Millionen Euro unter anderem mit seinen über die Energieversorger bei den Bürgern und Unternehmen eingetriebenen Netzentgelten verdient. Die Rendite – traumhaft: Fast 15 Prozent. Profite, welche in der Privatwirtschaft in den seltensten Fällen erreichbar sind. [20]

Das Geschäft der Netzbetreiber, führt auch Frontal 21 aus, sei dabei nahezu risikolos. Grund:

  • Netzbetreiber wie 50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW oder eben auch die Bayernwerk AG nutzten ihre staatlich geschützten Monopolstellungen aus und würden ihre fetten Gewinne zulasten der Verbraucher scheffeln.
  • Auch die Intransparenz hinsichtlich der Netzentgelte kritisiert Frontal21. Behörden wie die Bundesnetzagentur und die Netzbetreiber hielten ihre Berechnung geheim.

Auf Anfrage des ZDF, wie sich die Netzentgelte überhaupt zusammensetzten, habe der Mainzer Senderverbund von der "Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen" und ihren Beschlusskammern lediglich geschwärzte Berichte erhalten, die eine Überprüfung unmöglich machten.

Verantwortlich für die Energiewirtschaft in Deutschland sind bei der Bundesnetzagentur – ein Koloss mit 2700 Mitarbeitern – mehrere sogenannte Beschlusskammern. Es sind dies:

  • Beschlusskammer 4 mit den Aufgabengebieten EEG-Umlage, Genehmigung im Bereich der Investitionsmaßnahmen und Sonderformen der Netznutzung.
  • Beschlusskammer 6 mit den Aufgabengebieten Regulierung des Zugangs zu Elektrizitätsversorgungsnetzen.
  • Beschlusskammer 7 mit den Aufgabengebieten Regulierung des Zugangs zu Gasversorgungsnetzen.
  • Beschlusskammer 8 mit den Aufgabengebieten Regulierung Netzentgelte Strom.
  • Beschlusskammer 9 mit den Aufgabengebieten Regulierung Netzentgelte Gas.

Im Präsidium der Bonner Bundesnetzagentur sitzen aktuell Jochen Homann, Peter Franke und Dr. Wilhelm Eschweiler. Im begleitenden „Beirat“ sitzen jeweils 16 Mitglieder des Deutschen Bundestages und 16 Vertreter oder Vertreterinnen des Bundesrates.

Womit sich der Kreis zwischen Politik und Stadtwerken wiederum schließt, denn die Stadtwerke arbeiten auf der politischen Ebene in der Regel stark mit Lokalpolitikern oder Bundespolitikern, die aus ihren Wahlkreisen in den Bundestag entsandt werden, zusammen.

Fakt ist: Im Jahr 2017 konnten die Netzbetreibungs-Unternehmen rund 25 Milliarden Euro an Netzentgelten von den 42 Millionen deutschen Haushalten und Unternehmen über die Rechnungen, welche wiederum die Energieversorgungsunternehmen an ihre Kunden versenden, einnehmen. Hinzu kommen weitere rund 34 Milliarden Euro aus der EEG-Umlage (Angaben für 2017).

Das lukrative Geschäft mit Strom und Gas hat mittlerweile auch die Berliner Politikprominenz auf den Plan gerufen. So verwundert es kaum, dass der deutsche Energiemarkt mitunter zu einem Verschiebebahnhof für ausgediente Politiker um hochdotierte Posten geworden ist.

Die Geschäftsführerin des Netzbetreibers innogy (Tochtergesellschaft des deutschen Energieversorgers RWE), Hildegard Müller (CDU), war bis 2008 Staatsministerin unter Bundeskanzlerin Angela Merkel. Damit fügt sie sich in eine Reihe zahlreicher Politiker ein, die sich nun in der Energiewirtschaft engagieren. [21]

Der ehemalige Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) sitzt unter anderem im Aufsichtsrat der RWE-Kraftwerkstochter RWE Power AG, nachdem er sich jahrelang als aktiver Politiker für Atomkraftwerke und neue Kohlekraftwerke eingesetzt hat. [22]

Joschka Fischer (B90/Grüne), ehemaliger Bundesaußenminister, steht als "politischer Berater" ebenfalls auf der Gehaltsliste von RWE. Und Exbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat seit 2006 einen Posten als Aufsichtsratsvorsitzender bei der Nordstream AG, die Betreiberin des deutsch-russischen Erdgaspipeline Nordstream 2. [23]

Netzbetreiber kassieren bis zu 19 Prozent Rendite

Das relativ risikolose Geschäft der deutschen Strom-Übertragungsnetzbetreiber lässt entsprechend regelmäßig die Kassen klingeln:

  • Das Unternehmen E.dis habe, so die ZDF-Sendung Frontal21 weiter, eine satte Eigenkapitalrendite von 15,6 Prozent.
  • Die Schleswig-Holstein Netz AG und die Avacon AG hätten sogar Renditen von fast 19 Prozent.
  • Zumindest diese genannten Netzbetreiber befänden sich, so das ZDF, im Besitz von E.ON – ein Stromkonzern, welcher einen Großteil des deutschen Stromnetzes sein Eigen nenne.
  • Ähnlich erfolgreich sei der Konzern RWE, der mit seiner Tochter Innogy am deutschen Stromnetz 1,1 Milliarden Gewinn vor Steuern im Jahr 2017 verdient habe. Im Juli 2018 kündigte innogy an, dass das Unternehmen aufgespalten werde, wobei einige Teile auch an E.ON gingen.

Nach erfolgter Umstrukturierung gilt E.ON als größter Netzbetreiber Deutschlands.

Nur: Die größten Verlierer von weiteren Monopoltendenzen im Geschäft mit dem Transport von Strom über die Masten wären aber wieder die Millionen Verbraucher und Unternehmen. Je zementierter die Monopole im Bereich der Netze sind, desto ungenierter können die großen Netzbetreiber der Höchstspannungsnetze Geld über die Energieversorger eintreiben. Eine Tendenz, die seit Jahren anhält in einem Land, das weltweit mit das perfekteste Stromangebot aufweist. [24]

Während in Südafrika immer noch gut zwei Drittel der Menschen über keinen permanenten Strom verfügen, gibt es in Deutschland faktisch keine Ecke, welche nicht mit Strom beliefert werden könnte.

Hintergrund: Das Stromnetz in Deutschland

So war das Stromnetz in Deutschland im Jahr 2014 bereits 1,8 Millionen Kilometer lang. Dabei verteilt sich das Netz auf vier Ebenen mit unterschiedlichen Spannungen:

  • Das sogenannten Höchstspannungsnetz wird von den vier großen Übertragungsnetzbetreibern Amprion, Herz50, TransnetBW und Tennet betrieben. Das Höchstspannungsnetz hat eine Länge von 35.000 Kilometern.
  • Der Strom aus dem Höchstspannungsnetz wird anschließend auf die Verteilernetze übertragen. Diese liefern wiederrum den Strom an die Industrie oder zu Umspannwerken größerer Regionen. Das sogenannte Verteilernetz hat eine Strecke von circa 96.300 Kilometern, ist also drei Mal größer. Zu den regionalen Verteilnetzbetreibern gehören:
  • Bayernwerk Netz, Netze BW, Avacon Netz, Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom, Enso Netz, E.DIS Netz, Wemag Netz, Celle-Uelzen Netz, LSW Netz, Harz Energie Netz, Schleswig Holstein Netz, EWE Netz, Westfalen Weser Netz, Energie Waldeck Frankenberg, Energie Netz Mitte, ovag Netz, Syna, Westnetz, NEW Netz, e-netz Südhessen, EWP Netz, TEN Thüringer Energienetze, MDN Main Donau Netzgesellschaft, Netzgesellschaft Ostwürttemberg Donau Ries, Netze BW, ED Netze und Pfalzwerke Netz. [25]
  • Die Mittelspannungsnetze verteilen den Strom wiederum auf eine bestimmte Region und beliefern auch Krankenhäuser oder örtliche Transformatorenhäuser. Das gesamte Mittelspannungsnetz umfasst die gigantische Stecke von rund 510.000 Kilometern. Es wird zu einem großen Teil von den örtlichen Grundversorgern, meist den Stadtwerken, betrieben.
  • Der Strom aus der Steckdose in Privathaushalten kommt aus dem sogenannten Niederspannungsnetz. Auch kleinere Betriebe werden über dieses Netz mit Strom versorgt. Mit einer Länge von 1,2 Millionen Kilometern legt ist es mit großem Abstand das größte Netz in Deutschland. [26]

Der Strom im Höchstspannungsnetz der vier Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, Tennet, TransnetBW fließt vor allem durch die großen Strommasten, welche mitunter das deutsche Landschaftsbild prägen. Beim Verteilernetz der kleineren Netzbetreiber werden hingegen Erdkabel genutzt. Betreiber dieser Netze sind vor allem die genannten regionalen Anbieter.

Neben den vier großen Übertragungsnetzbetreibern gibt es in Deutschland über 900 Verteilnetzbetreiber, die den Transport vom Fernnetz zu den Haushalten über ihre 1,2 Millionen Kilometer langen Stromnetze steuern. Oftmals handelt es sich hierbei um den ansässigen Grundversorger. [27]

Klar ist: Zwar hatte die EU 1998, also vor 20 Jahren, die Liberalisierung des Strommarktes auch für Deutschland vorgeschrieben. Doch über Oligopolisten wie 50Hertz, Amprion, Tennet, TransnetBW oder die rund 600 Stadtwerke oder Gemeindewerke hat Deutschlands Politik nach wie vor den Drücker am deutschen Stromnetz.

Und das so sehr, dass der Wettbewerb immer wieder gefährdet wird – wie die Insolvenz der DEG Deutsche Energie einmal mehr zeigt. Wer den Bundestag jetzt mit Strom beliefert, ist nicht klar.

Einzelnachweise

[1] Die Übertragungsnetzbetreiber: Verantwortlich als Experten für Versorgungssicherheit von Netzentwicklungsplan Strom, in: netzentwicklungplan.de, Abruf am 03. Januar 2019.

[2] Energieanbieter Enversum ist insolvent von Heiko Lohmann, in: EE vom 12. März 2018, Abruf am 07. Januar 2019.

[3] e:veen Energie eG stellt Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung von e:veen (Pressemeldung), in: eveen.de vom 13. Juli 2018, Abruf am 7. Januar 2019.

[4] Die Energieagenten Versorgungs-GmbH meldet Insolvenz an von Becker, Büttner, Held, in: derenergieblog.de vom 22. Juni 2018, Abruf am 07. Januar 2019.

[5] Deutsche Energie verliert Kampf gegen die Monopole in der Energiewirtschaft von Deutsche Energie GmbH, in: deutscheenergie.de vom 21. Dezember 2018, Abruf am 03. Januar 2019.

[6] Jahresabschluss 2016 von DEG Deutsche Energie GmbH in Bundesanzeiger Verlag GmbH, in: bundesanzeiger.de vom 13. August 2018, Abruf am 04. Januar 2019.

[7] Deutsche Energie GmbH kündigt Insolvenz an von Artjom Maksimenko, in: EE vom 21. Dezember 2018, Abruf am 03. Januar 2018.

[8] Bilanzkreis in der Regelzone Amprion (Stand 28.12.2018) von Amprion, in: amprion.net, Abruf am 16. Januar 2019.

[9] Strompreisanalyse Mai 2018 von BDEW, in: bdew.de vom 18. Mai 2018, Abruf am 08. Januar 2019.

[10] Entwicklung der Netzentgelte 2009 – 2018 von stromvergleich, in: stromvergleich.com, Abruf am 04. Januar 2019.

[11] EEG-Umlage von Netztransparenz.de, in: netztransparenz.de, Abruf am 04. Januar 2019.

[12] Blackbox Netzentgelte: Tarife der Netzbetreiber vermutlich oft überhöht – Überprüfung ist unmöglich von Agora Energiewende, in: agora-energiewende.de vom 22 August 2018, Abruf am 04. Januar 2019.

[13] Hohe Netzentgelte machen Netzbetreiber reich von Oliver Ristau, in: erneuerbareenergien.de vom 18. Dezember 2018, Abruf am 04. Januar 2019.

[14] Informationen für Investoren von 50Hertz, in: 50hertz.com, Abruf am 04. Januar 2019.

[15] Amprion Geschäftsbericht 2017 (S. 41) von Amprion, in: Amprion.net, Abruf am 04. Januar 2019.

[16] Jahresabschluss 2017 von Tennet TSO GmbH in Bundesanzeiger Verlag GmbH, in: bundesanzeiger.de vom 24. Juli 2018, Abruf am 04. Januar 2019.

[17] Integrated Annual Report 2017 von TenneT Holding B.V., in: annualreport.tennet.eu, Abruf am 04. Januar 2019.

[18] Jahresabschluss 2017 von TransnetBW GmbH in Bundesanzeiger Verlag GmbH, in: bundesanzeiger.de vom 24. Juli 2018, Abruf am 04. Januar 2019.

[19] Integrierter Geschäftsbericht 2017 von ENBW, in: enbw.com, Abruf am 04. Januar 2019.

[20] Frontal 21 – Geheime Netzentgelte – Wie Stromriesen kräftig abkassieren von ZDF, in: Youtube.de vom 22. August 2018, Abruf am 07. Januar 2019.

[21] Hildegard Müller - Lobbyismus von Wikipedia, in: wikipedia.de, Abruf am 11. Januar 2019.

[22] Lobbyismus in der Energiepolitik von Stefan Heimann, in: cleanenergy-project.de vom 11. Januar 2019.

[23] Gerhard Schröder, in: lobbypedia.de, Abruf am 11. Januar 2019.

[24] Innogy stimmt Aufspaltung zu, in: spiegel.de vom 19. Juli 2018, Abruf am 07. Januar 2019.

[25] Stromnetzbetreiber, Grundversorger und Regelzonen in Deutschland, in: netz-und-versorger.de, Abruf am 07. Januar 2019.

[26] Der Weg des Stroms von Sat1 Ratgeber, in: sat1.de, Abruf am 07. Januar 2019.

[27] Stromnetz-Betreiber: Vom Übertragungsnetz zum Verteilnetz von Strom Magazin, in: strom-magazin.de, Abruf am 07. Januar 2019.

Quellverweise in der Anfrage


[I] https://info.deutsche-energie.de/

[II] https://www.energate-messenger.de/news/188461/deutsche-energie-gmbh-kuendigt-insolvenz-an

[III] https://www.bdew.de/media/documents/1805018_BDEW-Strompreisanalyse-Mai-2018.pdf



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